Politische Bewegung: Attac zieht in den Wahlkampf

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac stellt sich auf massive Verteilungskämpfe nach der Bundestagswahl ein - und will sich einmischen.

Attac will Politiker vor sich hertreiben, hier der Testlauf am Samstag in Karlsruhe. Bild: fiona krakenburger/attac

KARLSRUHE taz | Derzeit ist es für soziale Bewegungen schwer, mit ihren Anliegen in die Öffentlichkeit durchzudringen. Zu sehr ist die Innenpolitik bestimmt vom Getöse der großen Parteien vor der Bundestagswahl im September. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac lässt sich davon nicht abhalten. Bei der Sommerakademie in Karlsruhe und dem anschließenden Ratschlag, der Bundesvollversammlung, beschlossen die Anwesenden an diesem Wochenende, verstärkt im Wahlkampf mitzumischen.

"Wir wollen nicht mit Scheindebatten über das mangelnde Charisma von Kanzlerkandidaten abgelenkt werden, sondern jetzt wissen, was sie nach der Wahl vorhaben", begründete Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis den Beschluss. Die Parteien müssten klar benennen, mit welchen Prioritäten sie den nächsten Bundeshaushalt aufstellen wollen und wo sie bereits Sozialabbau planen.

Attac geht davon aus, dass den Sozialversicherungen angesichts der Wirtschaftskrise bis Ende 2010 an die 30 Milliarden Euro fehlen werden. Das Bankenrettungspaket werde die Steuerzahler gar einen dreistelligen Milliardenbetrag kosten, hinzu kämen die Milliarden für Konjunkturpakete. Die Krisenkosten dürften nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, sagte Boris Loheide von Attac Köln. Er forderte eine einmalige Abgabe auf große Vermögen. Es müssten vor allem die zu Verantwortung gezogen werden, die jahrzehntelang von den liberalisierten Finanzmärkten profitiert haben.

Inwiefern Attac wiederum von der Krise profitieren konnte - darüber gibt es widersprüchliche Indikatoren. Attac-Sprecherin Frauke Distelrath bestätigt, dass die Zahl der Mitglieder weiter gestiegen ist und aktuell bei über 22.000 liegt. Attac-Vordenker Peter Wahl glaubt, dass sich das Kapital in einer "ernsthaften Krise" befindet. Allerdings sei es nicht von Attac in die Bedrouille gebracht worden, so Wahl selbstkritisch. Es habe sich selbst in diese Glaubwürdigkeitskrise hineinmanövriert. Auch mit Aufrufen zu großen Demonstrationen habe es Attac nicht geschafft, deutlich mehr Leute zu mobilisieren als sonst auch.

Programmatisch plädierte Wahl ebenfalls dafür, sich nun vor allem auf die Sozialpolitik zu konzentrieren. Auch wenn das nicht das originäre Themenfeld von Attac sei, sondern eher den Gewerkschaften zugeschrieben werden müsste. Umso wichtiger sei es, mit diesen Bündnisse zu schließen.

Koordinierungskreis-Mitglied Alexis Passadakis betonte, dass die Aktionen zur Bundestagswahl andere Aktionen keineswegs ausschlössen. Anlässlich des G-20-Gipfels in Pittsburgh, der direkt vor der Bundestagswahl stattfindet, plane das Netzwerk Protestaktionen in Berlin und Frankfurt am Main. Auch die Mobilisierung zum Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen werde eine wichtige Rolle spielen.

Was den Wahlkampf betrifft, gab es am Samstag in der Karlsruher Innenstadt bereits die Generalprobe. Rund 100 aufgebrachte BürgerInnen, dargestellt von Attac-AktivistInnen, trieben einen Anzugträger vor sich her, der einen Politiker darstellen sollte. In Sprechchören und auf Transparenten forderten die Demonstranten von ihm:"Karten auf den Tisch". Politiker und Parteien müssten endlich Konzepte vorlegen "für die Lösung der wirklich drängenden Probleme".

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