Willkommen im Café Chávez

VENEZUELA Der Staatspräsident will die Kaffeeindustrie verstaatlichen. Die Röstereien hätten die Versorgung gefährdet, indem sie Bohnen außer Landes schmuggelten

Kaum war der Plan bekannt geworden, meldeten die Supermärkte Hamsterkäufe

VON JÜRGEN VOGT

Venezuelas Präsident Hugo Chávez will die beiden größten Kaffeeproduzenten des Landes enteignen. „Wir prüfen gerade, wie wir das machen“, sagte Chávez. „Und danach wird der sozialistische Kaffee besser schmecken als der kolumbianische.“

Die zwei größten Röstereien des Landes, Fama de América und Café Madrid, hatten zuletzt mitgeteilt, dass sie ihre Produktion wegen fehlender Rohware in den nächsten Tagen einstellen würden. Dieser Schritt hätte die venezolanischen Kaffeetrinker schwer getroffen, denn Fama de América und Café Madrid decken 80 Prozent des venezolanischen Kaffeekonsums.

Die Regierung erklärte allerdings, beide Unternehmen hätten nach der jüngsten Ernte durchaus genügend Kaffeebohnen aufgekauft. Sie würden diesen billig bei den venezolanischen Kaffeebauern besorgten Rohstoff aber ins benachbarte Kolumbien schmuggeln. Dort könnten sie ihn viermal so teuer verkaufen. Anschließend importierten sie den Kaffee dann als kolumbianischen Kaffee wieder nach Venezuela.

Zunächst hatte die Regierung nur die staatliche Kontrolle über die zwei Kaffeefabriken übernommen, um die weitere Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Agrarminister Elías Jaua hatte angekündigt, die Übernahme erfolge für drei Monate und die Produktion werde aus staatlichen Reservebeständen weitergeführt. Zudem werde das Geschäftsgebaren der beiden Kaffeefirmen überprüft. Bei den beiden Kaffeefabriken handle es sich um „ein Monopol, und das ist laut Verfassung verboten“, so Jaua. Nach seinen Informationen hätten die Kaffeeröster rund 10.000 Tonnen Kaffeebohnen nach Kolumbien verbracht. „Davon kann die Bevölkerung zwei Monate lang versorgt werden.“

Fama de América, immerhin seit 1887 auf dem venezolanischen Kaffeemarkt präsent, hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Unter der Aufsicht der nationalen Behörde für Vorratshaltung Sada habe das Unternehmen zuletzt 18 Prozent weniger Rohware einkaufen können.

Aber auch Carlos Osorio, der Leiter der Sada, unterstützt das Vorgehen der Regierung. Allerdings beschuldigt er die Firmen, den Wettbewerb in anderer Form zu verfälschen: Fama de América und Café Madrid kauften die Rohware weit über den regulierten Preisen ein, sagte Osorio. So verdrängten sie die kleinen und mittleren Röstereien.

Präsident Chávez bestätigte, dass der Staat die Röstereien nach Ablauf der Frist von 90 Tagen ganz übernehmen will. Diese Form der staatlichen Übernahme von Nahrungsmittelbetrieben ist im sozialistisch werdenden Venezuela bereits gängige Praxis: Zunächst beschuldigen Politiker ein Unternehmen, dann besetzen die Behörden die Betriebe und übernehmen die Kontrolle. Nach Ablauf einer Frist kommt die Firma dann ganz unter die staatlichen Fittiche. Ähnlich ging die Regierung bei den Reisfabriken, einem Nudelhersteller, Schlachthöfen und einer Fischfabrik vor. Allerdings beinhaltet diese venezolanische Form der Enteignung auch eine Entschädigungszahlung an die betroffenen Privateigentümer. Auch bei den beiden Röstereien dürfte es dazu kommen.

Vorläufig hat die ganze Angelegenheit die venezolanischen Kaffeekonsumenten tief verunsichert. Kaum war die staatliche Übernahme bekannt geworden, meldeten die Supermärkte Hamsterkäufe. Vor allem Produkte von Fama de América und Café Madrid sind inzwischen schwer zu bekommen.