EU soll Klimavorreiterin sein

ERDERWÄRMUNG Nach dem Scheitern des Klimagipfels verlangen Wissenschaftler, dass die Europäische Union geschlossen vorangeht. Umweltminister treffen sich am Wochenende

„Ohne die EU bremsen sich China und die USA gegenseitig aus“

AUS BERLIN JULIA OTTEN

Nach dem Scheitern der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen fordern Experten eine neue Strategie der Europäischen Union (EU). Am Montagabend wurde auf der vierten Potsdamer Klimakonferenz in Berlin zum Thema „Kopenhagen – Fehlschlag oder Teilerfolg“ Kritik an der EU-Rolle beim Klimagipfel geübt. Die dringende Frage laute, wie geschlossen sich die EU für die weiterführenden Konferenzen im Mai in Bonn und im November in Mexiko aufstellen kann. Am Freitag kommen die Umweltminister der EU unter der neuen spanischen Ratspräsidentschaft zu einem informellen Treffen in Sevilla zusammen. „Die EU ist in ihrer Rolle gedemütigt“, sagte der Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber.

Deutlich wurde die Schwäche der EU besonders zum Ende der Konferenz in Kopenhagen, als vor allem die USA und China den Deal in der letzten Nacht in Hinterzimmern unter sich aushandelten. „Die EU muss sich besser aufstellen, sonst bremsen sich China und die USA gegenseitig aus“, sagte Klaus Milke von Germanwatch.

Das Gastgeberland Dänemark, das UN-Klimasekretariat, aber auch die EU hätten Fehler in Kopenhagen zu verantworten und mehr tun müssen. Bislang habe man sich zu wenig in die Dialogstrukturen eingebracht. Milke forderte daher eine „G3“, eine Partnerschaft zwischen USA, China und EU. Wer aber glaube, dass es einen einfachen Weg nach vorne gebe, „ist schlichtweg naiv“.

Hinsichtlich der Emissionsreduzierungen der Europäer sagte der Wissenschaftler Schellnhuber, „die EU hätten das Ziel, 30 Prozent bis 2020 zu reduzieren, schon in Kopenhagen unkonditioniert anbieten sollen“.

Im Hinblick auf die freiwilligen Verpflichtungen, die die Staaten bis zum 31. Januar in eine Liste im Anhang des Kopenhagen Übereinkommens eintragen sollen, äußerte sich Schellnhuber skeptisch: „Nach dem Klingelbeutelprinzip tragen Staaten dort ihre Zahlen ein.“ Dass die EU unkonditioniert 30 Prozent Reduktion angeben wird, hält er für unwahrscheinlich. Die bisherigen zugesagten Klimaschutzmaßnahmen führten laut Schellnhuber zu einer globalen Erwärmung von durchschnittlich 3,5 Grad.

Trotz der Enttäuschungen hält es Schellnhuber für sinnvoll, unter dem Dach der Vereinten Nationen so weit zu verhandeln wie möglich. Es sei abzuwarten, woher ein neuer Rückenwind für die UN-Verhandlungen in Bonn und Mexiko kommen kann. Neue Impulse erhofft sich Schellnhuber unter anderem von Ländern wie Mexiko und Brasilien. Auch die geografische Nähe der UN-Konferenz in Mexiko im November zu den USA könne Einfluss auf die US-amerikanische Position ausüben, so Schellnhuber.

Auch Milke von Germanwatch setzt auf Mexiko, Brasilien und Südafrika. „Intensive bilaterale Gespräche wären sinnvoll.“

Zusätzlich seien jedoch jeder Bürger und die NGOs stärker in der Verantwortung. Schellnhuber sagte: „Der Weltbürger muss in die Hand nehmen, was die nicht existente Weltregierung nicht kann.“