Elektrofahrräder als Alternative: Rückenwind für Radler

Der Markt für Elektrofahrräder als Alternative zum Auto wächst rasant, da viele beim Radeln nicht schwitzen wollen. Nur das Parken ist noch problematisch.

Geht auch retro und sauteuer: Ein E-Bike für knapp 60.000 Euro. Bild: dapd

Es soll die Zukunft sein, nicht nur für Omas: das Elektrofahrrad. Es soll nämlich nicht nur das Fahrradfahren, sondern auch den gesamten Stadtverkehr grundlegend verändern. Zumindest wenn man den Vertretern von Fahrradverbänden und Zweiradexperten Glauben schenkt. "Es fühlt sich an wie eingebauter Rückenwind", sagt Gunnar Fehlau, Geschäftsführer eines Fahrrad-Magazins und Zweirad-Lobbyist. "Das E-Bike wird den Fahrradmarkt umwälzen."

Noch aber sind Elektrofahrräder eine Ausnahmeerscheinung im Straßenverkehr. Derzeit fahren etwa 400.000 bis 500.000 elektrisch unterstützte Fahrräder durch Deutschland. Tendenz stark steigend. Zum Vergleich: Rund 70 Millionen normale Fahrräder gibt es derzeit in Deutschland.

Pedelecs, Powerbikes oder E-Bikes werden Elektrofahrräder auch genannt. Auf den ersten Blick ist meist kein Unterschied zu normalen Fahrrädern festzustellen. Motor und Akku sind gut versteckt. Aber die Räder sind deutlich schwerer, zwischen 15 bis 25 Kilo wiegt ein Elektrofahrrad. Es gibt sie mit einer Leistung von 250 oder 500 Watt, je nachdem, ob man eine Geschwindigkeit von 25 bis 45 Kilometer pro Stunde erreichen will.

Der "Europaweite autofreie Tag" findet jährlich am 22. September im Rahmen einer Aktionswoche statt. Ziel der Veranstaltungen und Aktionen in mehr als 2.000 Städten ist es, öffentlich für umwelt- und sozialverträgliche Mobilität zu werben. Auch der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) ruft aus diesem Anlass dazu auf, das eigene Auto häufiger stehenzulassen und sich stattdessen mit Bus, Bahn, dem Fahrrad oder zu Fuß fortzubewegen. Die Hälfte aller Autofahrten in Deutschland sei kürzer als sechs Kilometer. Die kurzen, spritintensiven Strecken seien bestens geeignet, sie zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen.

Der Großteil der Elektro-Fahrräder, die schon auf den Straßen unterwegs sind, fahren laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) jedoch nicht schneller als 25 Kilometer pro Stunde. Energie spendet ein Lithium-Ionen-Akku, der meist unter dem Gepäckträger oder am Fahrradrahmen angebracht ist und den Radfahrer etwa 50 Kilometer weit bringt. Der Unterschied zum Moped: Der Motor unterstützt nur; er springt nur dann an, wenn in die Pedale getreten wird. Die Stärke der Unterstützung lässt sich individuell einstellen.

In Deutschland wächst der Markt stark. Wurden 2007 noch 70.000 Stück verkauft, rechnen Experten für 2010 mit 200.000 abgesetzten Elektrofahrrädern. Allein im letzten Jahr ist die Verkaufszahl im Vorjahresvergleich um 36 Prozent angestiegen. Dennoch ist der Anteil der Elektroräder am gesamten Fahrradmarkt nicht sehr hoch. 2009 lag er bei vier Prozent.

Der starke Zuwachs der vergangenen Jahre ist jedoch nicht verwunderlich, denn die Elektrofahrrad-Branche ist noch jung. Technische Hürden, wie die ausreichende Kapazität der empfindlichen Akkus, mussten erst überwunden werden. "Der Lithium-Ionen-Akku hat alles verändert", sagt Fehlau. Wie Handys werde sich das Elektrofahrrad durchsetzen.

Auf einer Strecke von 50 Kilometern liegt der elektrische Energieverbrauch laut Verkehrsclub Deutschland (VCD) bei etwa 0,5 Kilowattstunden. Bei einem Strompreis von 20 Cent pro Kilowattstunde sind das 10 Cent auf 50 Kilometer.

Die Grünen sehen noch Potenzial beim Elektrofahrrad. "Das ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft", sagt Winfried Hermann, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestages. "Mehr Menschen sollen das Fahrrad regelmäßig benutzen, auch wenn sie nicht schwitzend zur Arbeit kommen können." Eine Befragung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hat ergeben, dass knapp 67 Prozent der Fahrradmuffel das Fahrrad bisher als Verkehrsmittel meiden, weil sie nicht verschwitzt am Ziel ankommen wollen. Denen hilft das Elektrorad: Denn Steigungen und Berge sind damit kein großes Hindernis mehr. Auch beim Transport von Einkäufen oder von Kindern machen die Batterien das Fahrrad attraktiver.

Doch es gibt auch Nachteile: Bisher halten viele Kunden die hohen Preise ab. Zwischen 2.000 und 3.000 Euro kostet ein gutes Elektrofahrrad. Viele Käufer sind nicht bereit, so viel Geld für ein Fahrrad auszugeben. Der durchschnittliche Verkaufspreis für normale Fahrräder in Deutschland liegt laut ZIV bei rund 446 Euro.

Ein besonderes Problem sind deshalb mögliche Diebstähle. Bisher fehlen Möglichkeiten, das Elektrofahrrad in der Stadt sicher abzustellen. "Stellplätze sind ein Elend", findet Hermann. Und die Dekra warnt davor, dass die Akkus bei Unfällen explodieren könnten. "Es muss verbindliche Bauvorschriften geben", fordert deshalb André Skupin von der Dekra.

Selbst wenn diese Probleme gelöst sind, eines lässt sich auch durch Elektroräder nicht ändern: Wenn es regnet, wird man nass. Und wenn es kalt ist, friert man. Manch einer steigt dann lieber in Bahn, Bus oder Auto.

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