Naturschutz? „Haben wir schon genug“

STUDIE Die erste repräsentative Umfrage zum Naturbewusstsein in Deutschland zeigt: Die Naturschützer müssen noch viel tun, wenn sie in der Bevölkerung Unterstützung für ihr Anliegen mobilisieren wollen

BERLIN taz | 55 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass hierzulande genug für die Natur getan wird. Das geht aus der ersten repräsentativen Umfrage zum Naturbewusstsein in Deutschland hervor, die das Bundesamt für Naturschutz am Donnerstag in Berlin präsentierte. Demnach stellen 89 Prozent fest, dass der Naturschutz in der Bundesrepublik Deutschland eine wichtige politische Aufgabe sei – obwohl Naturschützer regelmäßig klagen, der Staat ordne Umweltbelange Wirtschaftsinteressen unter.

Auch ein zentrales Schlagwort der Naturschützer, die „biologische Vielfalt“, sagt der Mehrheit der Bevölkerung wenig bis gar nichts. 56 Prozent der etwa 2.000 Befragten gaben an, den Begriff oder dessen Bedeutung nicht zu kennen. Deshalb mussten die Meinungsforscher die Umfrageteilnehmer erst einmal informieren, dass mit Biodiversität sowohl die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten als auch der Lebensräume und Erbinformationen gemeint ist.

Danach erklärten 66 Prozent, ein Schwund an Biovielfalt würde sie persönlich beeinträchtigen. 68 Prozent fürchten, dass es für ihre Kinder und Enkel kaum noch intakte Natur geben wird. Das beunruhigt die meisten (59 Prozent) vor allem, weil Natur für Erholung und Gesundheit wichtig ist. Das Argument von Aktivisten, die Natur liefere wichtige Rohstoffe, hat bisher nur 24 Prozent überzeugt. Etwa ebenso wenige meinen, dass die Natur ein eigenes Existenzrecht habe.

Die Verantwortung für die biologische Vielfalt sehen 90 Prozent bei der Wirtschaft. Weniger, aber immerhin auch 68 Prozent sehen sich persönlich in der Pflicht.

Wenn es relativ leicht ist, zeigen sich die Befragten auch bereit, ihr Verhalten zu ändern. So wollen sich bei Aufenthalten im Grünen 92 Prozent von Schutzgebieten fernhalten. 87 Prozent sind bereit, Obst und Gemüse aus der Region zu bevorzugen. Aber nur 38 Prozent würden in einem Naturschutzverband mitarbeiten. Und auch gerade einmal 40 Prozent können sich vorstellen, in einem Brief an Behörden sich für den Schutz der Biovielfalt einzusetzen. JOST MAURIN