Bauernopfer für Brüderle

ATOM BDI-Geschäftsführer Schnappauf tritt zurück

BERLIN taz/afp/dapd | Erste Folge der Protokoll-Affäre um Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP): Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, ist am Freitag zurückgetreten. „Ich übernehme die politische Verantwortung für die Folgen einer Indiskretion, an der ich persönlich nicht beteiligt war“, erklärte Schnappauf.

Am Donnerstag wurde eine Äußerung Brüderles öffentlich, wonach er am 14. März auf einer Sitzung des BDI die vorübergehende Abschaltung älterer Atomkraftwerke mit dem Wahlkampf in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz begründet hat. Die Sätze fielen an dem Tag, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Atommoratorium verkündete, und fanden sich in einem Sitzungsprotokoll des BDI.

Schnappauf sagte, er wolle mit seinem Rücktritt „möglichen Schaden für das Verhältnis von Wirtschaft und Politik“ abwenden. Brüderle und auch der BDI hatten zunächst von einem Protokollfehler gesprochen. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel hatte sich dafür am Donnerstag noch entschuldigt.

Diese Entschuldigung „entlarvt den eigentlichen Skandal des Vorgangs“, sagte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, der taz – „und das ist die tiefe Kumpanei zwischen diesem Teil der Wirtschaft und der schwarz-gelben Regierung“. Er meinte: „Nun opfert der BDI für seinen Kumpel Rainer Brüderle den Hauptgeschäftsführer.“

Derweil erklärte SPD-Chef Sigmar Gabriel: „Früher mussten Politiker Angst davor haben, wenn sie beim Lügen erwischt wurden. Heute, wenn sie bei der Wahrheit ertappt werden.“ Es werde „Zeit, dass sich diese Regierung in der Opposition erholen kann“. Die Politik stehe Kopf.

Der frühere CSU-Politiker Schnappauf war seit November 2007 Geschäftsführer des BDI. Seine Aufgaben werden bis auf Weiteres die Geschäftsführungsmitglieder Dieter Schweer und Stefan Mair übernehmen.

Der bayerische CSU-Fraktionschef Georg Schmid hat unterdessen Brüderle für seine Äußerungen scharf kritisiert. Sie sei „mehr als unklug“. Die Atomkatastrophe in Japan verändere vieles, auch in konservativen Reihen. Auf kein Ereignis der vergangenen 20 Jahre hätten auch die CSU-Anhänger so reagiert wie auf das Unglück in Japan. HG