EU-Schuldenkrise : Deutschland muss zahlen

Die EU-Finanzminister einigen sich auf einen dauerhaften Krisenfonds. Er ist 700 Milliarden Euro schwer. Das Ziel ist, ein zweites Griechenland zu verhindern.

Fondsmacher: EZB-Chef Trichet (links) und EU-Kommissar Rehn. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Zum ersten Mal seit Beginn der Schuldenkrise in der Eurozone muss die Bundesregierung richtig in die Tasche greifen. Während Berlin bisher nur Bürgschaften und Kredite an Krisenländer wie Griechenland, Irland und Portugal bereitstellte, werden künftig 22 Milliarden Euro in bar fällig - als Einlage für den neuen, dauerhaften Krisenfonds ESM. Dazu kommen 168 Milliarden Euro an Bürgschaften. Insgesamt wird der neue Fonds 700 Milliarden Euro enthalten - rund 27 Prozent davon stellt Deutschland bereit. Dies beschlossen die EU-Finanzminister am Montag in Luxemburg.

Überraschend kommt diese Rechnung nicht, die EU hatte sich bereits im März grundsätzlich auf den ESM und dessen Finanzierung geeinigt. Allerdings waren bis zuletzt noch Details offen. So hatte die Bundesregierung gefordert, die Einzahlung der Bareinlage auf mehrere Jahre zu strecken, um den Bundeshaushalt nicht allzu sehr zu belasten. Berlin setzte sich durch und hat nun bis 2017 Zeit, seinen Anteil in 5 Tranchen à 4,3 Milliarden Euro zu zahlen.

Der ESM soll ab 2013 den bisherigen Rettungsfonds EFSF ablösen. Ursprünglich hatte sich Deutschland gegen einen dauerhaften Krisenmechanismus gesträubt. Angesichts der Zuspitzung der Schuldenkrise hatte CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel jedoch Ende 2010 ihre Meinung geändert.

Für strauchelnde große Staaten wird das Geld nicht reichen

Im Gegensatz zum EFSF sollen bei Hilfen aus dem neuen Fonds auch private Gläubiger beteiligt werden. Kritiker fürchten, dass dies zu neuen Turbulenzen führen könnte - so wie derzeit in Griechenland. CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will nämlich auch an den derzeit diskutierten Rettungsplänen für Hellas private Banken und Versicherungen beteiligen, wenn auch nur auf freiwilliger Basis. Doch allein schon die wochenlange öffentliche Debatte führte zu Aufregung an den Finanzmärkten und zu höheren Risikoaufschlägen für Griechenland. Ähnliches könnte sich Ende 2012 wiederholen, wenn der aktuelle Rettungsfonds EFSF ausläuft, warnen Experten.

Die Finanzminister teilen diese Zweifel nicht. "Die Einigung unterstreicht die Entschlossenheit der Länder der Eurozone, alles zu tun, um die Finanzstabilität im gemeinsamen Währungsgebiet zu sichern", sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker gestern in Luxemburg. "Der ESM sichert die Stabilität der Eurozone", gab er sich sicher. Allerdings kann der neue Fonds nur maximal 500 Milliarden Euro bereitstellen; die übrigen 200 Milliarden sind als Sicherheit vorgesehen.

Das Rettungsnetz dürfte daher nur für kleinere Euroländer wie Griechenland, Irland und Portugal ausreichen. Sollten große Staaten wie Italien oder Spanien ins Straucheln kommen, reicht das Geld nicht aus. Völlig ausgeschlossen ist dies nicht: Erst letzte Woche warnte Juncker davor, die Märkte könnten auch an der Zahlungsfähigkeit Italiens zweifeln. Einige Ratingagenturen haben bereits angekündigt, sie könnten die Bonität Italiens herabstufen, was neue Turbulenzen in der Eurozone auslösen dürfte.

Als weiteres Problem könnte sich die geforderte Einstimmigkeit für Hilfen aus dem neuen Rettungsfonds erweisen. Zwar sichert sie Deutschland de facto ein Vetorecht; automatische Zahlungen wird es also nicht geben. Aber auch andere Länder wie Finnland oder die Niederlande könnten ein Veto einlegen, um Rücksicht auf Populisten und Eurogegner zu nehmen. Unklar ist zudem, ob die Bundesregierung für jede Hilfszusage die Zustimmung des Bundestages braucht. Einige Abgeordnete aus CDU und FDP fordern dies. Sollte sie sich durchsetzen, wären der Bundesregierung in akuten Notlagen die Hände gebunden. Eine Entscheidung darüber ist allerdings erst im Herbst geplant.

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