Keine große Gefahr durch Antibiotika für Hühner?

TIERE Mäster: Einige medikamenteresistente Keime kämen vor allem aus Kliniken, nicht aus Ställen

Viele antibiotikaresistente Salmonellen gehen von Tieren auf Menschen über

BERLIN taz | Nach den Vorwürfen wegen massiven Antibiotika-Einsatzes in der Hühnermast schlägt die Geflügelbranche zurück: Die bei Nutztieren auftretenden Varianten der gegen Antibiotika resistenten Bakteriengruppe MRSA würden nur sehr wenige Infektionen bei Menschen verursachen, erklärte der Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft am Donnerstagabend. Die meisten MRSA-Stämme dagegen kämen aus Krankenhäusern. Zudem seien die 21 Erkrankungen, die der Erreger in drei untersuchten Jahren verursacht hat, „allesamt nicht mit Infektionen über Nahrungsmittel in Verbindung zu bringen“, teilte der Verband unter Berufung auf eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) mit.

In der Europäischen Union sterben laut Weltgesundheitsorganisation jährlich 25.000 Menschen an Infektionen mit Keimen, die sich nicht mit Antibiotika oder anderen Medikamenten bekämpfen lassen. Die meisten Experten machen auch die Tierhaltung dafür verantwortlich, dass immer mehr Erreger gegen die Medikamente widerstandsfähig werden. Denn wenn, wie in Nordrhein-Westfalen kürzlich bewiesen, etwa die meisten Masthühner mit Antibiotika gefüttert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erreger dort entsprechend mutieren. Der Geflügelhalterverband suggeriert nun, dass das keine große Gefahr sei, weil MRSA kaum von Tieren in Menschen gelangen.

Doch diesen Schluss weist das Bundesinstitut für Risikobewertung zurück. Zwar stimmt es laut BfR-Tierarzt Bernd-Alois Tenhagen, dass MRSA aus der Tierhaltung sehr selten beim Menschen gefunden wurden. „Aber ein Großteil zum Beispiel der Salmonellose-Infektionen des Menschen wird über tierische Lebensmittel übertragen. Und da spielt die Antibiotikaresistenz eine große Rolle“, sagte Tenhagen der taz. Problematisch ist laut BfR auch, dass die Erreger ihre Resistenzen an andere Bakterien weitergeben können. Dadurch werde der Resistenzpool erweitert und das Risiko für Mensch und Tier vergrößert. JOST MAURIN