Umweltrat soll Direktor bekommen: Unabhängigkeit war gestern

Die schwarz-gelbe Regierung drückt dem Umweltrat einen Direktor auf. Dabei ist klar, dass sie die Wissenschaftler mit dem Posten kontrollieren will.

Hielt der Umweltrat nicht für notwendig genug: AKW in Schwarz und Gelb Bild: Imago / Gustavo Alabiso

BERLIN taz Trotz Protest von Naturschützern setzt die schwarz-gelbe Koalition dem bislang kritischen Sachverständigenrat für Umweltfragen einen Direktor vor die Nase.

Gegen die Stimmen der Opposition drückte die Regierung am Mittwoch im Innenausschuss des Bundestags einen Antrag durch, mit dem die umstrittene Stelle in das Besoldungsgesetz aufgenommen werden soll. Die Zustimmung des Plenums am Donnerstag gilt als sicher.

Nicht zuletzt als Schwarz-Gelb 2010 die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschloss, war den Parteien das unabhängige Gremium ein Dorn im Auge. Damals erklärten die Wissenschaftler des einflussreichen Sachverständigenrats, eine sichere Energieversorgung sei auch ohne Atomstrom möglich. Mit dem neuen Direktorenposten soll er einem internen Papier der FDP zufolge nun auf Linie gebracht werden.

Ratsvorsitzender wundert sich

Als beschlossen wurde, dass dem Gremium künftig ein Direktor vorstehen soll, wunderte sich der Ratsvorsitzende Martin Faulstich über das Vorhaben. Die Stelle sei weder mit dem Rat abgeklärt noch bestehe Bedarf.

In dem internen FDP-Papier, das vergangene Woche öffentlich wurde, heißt es, die neue Stelle diene dazu, das Gremium "dauerhaft in den (personal-)politischen Einfluss- und Steuerungsbereich der Koalitionsfraktionen" zu bringen.

Um den Posten einzurichten, muss er nur noch in das Besoldungsgesetz aufgenommen werden. Dafür beschloss der Innenausschuss am Mittwoch einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Gesetz zur "Fachkräftegewinnung im Bund". Jetzt versteckt sich dort auch der neue Posten für den Ratsdirektor.

Die Oppositionsparteien stimmten geschlossen gegen den Antrag. Der Abgeordnete Konstantin von Notz, der für die Grünen im Ausschuss sitzt, sagte der taz: "Das Gesetz für die Fachkräftegewinnung nutzt die Koalition hier als trojanisches Pferd für die Versorgung der eigenen Leute mit Pöstchen."

Umweltverbände kritisieren die Entscheidung

Auch große Umweltverbände stellen sich gegen die Entscheidung. Greenpeace teilte der taz mit: "Wir fordern, dass diese Stelle vorerst nicht geschaffen wird." Zudem fordere Greenpeace von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), dem umweltpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion Michael Kauch sowie von den FDP-Haushältern klare Stellungnahmen. Im internen FDP-Papier heißt es, das Vorhaben sei mit ihnen "besprochen und konsentiert."

Ein Sprecher des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) sagte der taz, eine parteipolitische Gängelung des Sachverständigenrats für Umweltfragen könne nur als Skandal bewertet werden. "Es wäre ein makabrer Treppenwitz der schwarz-gelben Koalitionsgeschichte, wenn ausgerechnet ein FDP-Mann an die Spitze des Sachverständigenrats gesetzt würde - der Partei, die konsequent jeden Rat zum Schutz der Umwelt zugunsten ihrer Klientelpolitik in den Wind schlägt."

Olaf Christen, Präsident beim Dachverband Agrarforschung, sagte der taz: "Ob direkt oder indirekt, politischer Einfluss auf wissenschaftliche Beiräte ist immer abzulehnen. Der Wert solcher Gremien liegt ja gerade in der unabhängigen Sicht und sollte daher nicht parteipolitischen Zwängenuntergeordnet werden".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.