Occupy-Proteste in Deutschland: "Zeitgeist" ist unerwünscht

Die Bewegung will sich dagegen wappnen, von obskuren Gruppen unterwandert zu werden. Diskussionen und Podcasts sollen deshalb für mehr Transparenz sorgen.

Vielfältiger Protest: Im Frankfurter Occupy-Camp zeigten sich auch Mitglieder der US-amerikanischen Gruppe "Zeitgeist". Bild: dapd

FRANKFURT taz | Sektiererei soll im Protestcamp der deutschen Occupy-Bewegung vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main keinen Platz haben. "Wir haben das Problem im Griff", sagte Aktivist Costantino Gianfrancesco am Samstag.

Anhänger der US-amerikanischen "Zeitgeist"-Bewegung hatten nach Angaben mehrerer Teilnehmer einen Workshop in der Zeltstadt angeboten, in dem sie für ihre Vereinigung warben. Zudem hätten sie sich dagegen ausgesprochen, dass Organisationen, Fahnen oder Parteien im Camp präsent sein sollten. "Wir haben das Problem recht schnell erkannt und im Plenum thematisiert", sagte Gianfrancesco.

Insgesamt fielen die Bankenproteste an diesem Wochenende kleiner aus, als die Veranstalter erhofft hatten. In Berlin demonstrierten am Samstag knapp 1.000, in Frankfurt rund 1.500 Menschen gegen die Macht der Finanzmärkte. Dagegen wächst das Frankfurter Protestcamp weiter.

Schon am Freitag hatte das zuständige Ordnungsamt die Genehmigung für die Besetzung erneut verlängert. "Die Camper verhalten sich vorbildlich", sagte ein Sprecher des Ordnungsamts Frankfurt.

Frank Müller, der Verwalter der deutschen Internetpräsenz der Zeitgeist-Bewegung, bestätigte, dass Anhänger der Bewegung im Camp zum Thema "ressourcenbasierte Wirtschaft" hätten arbeiten wollen. Auch er selbst hatte sich zunächst dort engagiert, inzwischen soll er sich aber zurückgezogen haben.

Nicht nur in Frankfurt sind Zeitgeist-Leute beim Protest gegen die Banken dabei. Auch in Hamburg, Kiel, Salzburg und Zürich nutzte Zeitgeist nach Angaben von Demonstrationsteilnehmern und Presseberichten die Occupy-Proteste als Plattform. Laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau mischte Zeitgeist ebenso im US-amerikanischen Occupy-Protest mit.

"Inhaltliche Überschneidungen" mit Scientology

"Zeitgeist" tritt nach eigenen Angaben für ein weltweites Anwenden der "wissenschaftlichen Methode" ein. Politik und Meinungen würden dadurch überflüssig, wie es auf der deutschen Internetpräsenz der Vereinigung heißt. Die Leitstelle für Sekten in Berlin konnte auf Anfrage der taz zunächst keine Auskunft zum Thema geben.

Nach einer genaueren Prüfung erkannte die Behörde "teilweise inhaltliche Überschneidungen" mit der Scientology-Sekte. Einen direkten Zusammenhang belege das jedoch nicht, so ein Sprecher der Leitstelle. Zeitgeist-Internet-Verwalter Müller wollte den Verdacht nicht kommentieren.

Die Aktivisten im Frankfurter Camp begegnen der Gefahr möglicher Unterwanderungsversuche sehr aufmerksam. In einem selbstproduzierten Podcast wollen sie Gruppen be- und hinterfragen, die an Occupy teilnehmen. In der ersten Folge, die am Dienstag live im Internet gesendet wird, wird es um die Rolle der Zeitgeist-Bewegung gehen.

Andere Gruppen, darunter auch die Partei Die Linke, sollen folgen. Auf einer mehrstündigen Versammlung diskutierten die Aktivisten am Samstag zudem über Wege, wie künftig Meinungen und Entscheidungen gefunden und getroffen werden sollen. Ziel des Treffens sei es gewesen, so die Aktivisten, transparente und demokratische Strukturen aufzubauen.

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