Zwischenlager Asse: Der Atommüll soll raus

Ministerien, Bund und Land – alle wollen Atommüll aus dem Zwischenlager Asse bergen. Experten können sich aber nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens einigen.

Umstrittener Stollen: Im Atommülllager Asse lagern Fässer mit radioaktivem Abfall. Bild: dapd

BRAUNSCHWEIG taz | Es war eine klare Ansage: "Für Minister Röttgen hat die Rückholung der Abfälle absolute Priorität", erklärte die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Ursula Heinen-Esser (CDU), am Donnerstagabend in Braunschweig. Ähnlich äußerte sich Staatssekretärin Ulla Ihnen vom niedersächsischen Umweltministerium. Auch ihr Haus bekenne sich zur Bergung des Atommülls aus der Asse.

Zwei Tage lang hatten rund 80 Experten aus Ministerien und Behörden auf Einladung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) über die Sanierung des maroden Bergwerks diskutiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob und wie das stockende Verfahren bei der Rückholung der 126.000 Atommüllfässer wieder in Gang gebracht werden kann.

Am politischen Willen der Beteiligten, den Atommüll tatsächlich aus dem Lager zu bergen - als alternative Schließungsvarianten gelten eine Verfüllung oder eine Umlagerung des Stollens -, hatte es zuvor Zweifel gegeben. Kurz vor Weihnachten war ein interner Vermerk aus dem BfS an die Öffentlichkeit gelangt, in dem sich ein Abteilungsleiter skeptisch zeigte, dass die Bergung bei dem bisherigen Tempo noch zu realisieren ist.

Das Bundesumweltministerium blieb lange Zeit vage: Die Rückholung sei nur dann die beste Lösung, wenn ein Großteil der Abfälle herausgeholt werden könne und es keinen Langzeitsicherheitsnachweis für die Vollverfüllung gebe.

Die rechtliche Grundlage der Bergung ist noch nicht geklärt

Nun gibt es also nach außen hin Einigkeit, dass die Bergung anlaufen und das Tempo erhöht werden soll. Die Frage ist: Wie? Ob der Gefahrenabwehrparagraf 19 des Atomgesetzes zur Anwendung kommt, wie es etwa die SPD fordert, oder ein von dem neuen niedersächsischen Umweltminister Stefan Birkner (FDP) befürwortetes Sondergesetz ("Lex Asse") verabschiedet wird, blieb bei der Tagung umstritten. "Zum Vorgehen auf der Grundlage des Gefahrenabwehrrechts nach Atomgesetz gab es unterschiedliche rechtliche Positionen", räumte BfS-Präsident Wolfram König in seiner Bilanz ein.

Auch Staatssekretärin Heinen-Esser blieb vage. Alle Möglichkeiten der Beschleunigung sollten ausgeschöpft werden, sagte sie. Abstriche bei den Schutzzielen sowie der Sicherheit von Beschäftigten und Anwohnern werde es dabei nicht geben. Mitte Februar werde Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) die bislang gehandelten Vorschläge bewerten. Die Grünen erklärten, dass sie im Bundestag eine Entscheidung zur Räumung der Asse erzwingen wollen.

Seit Ende der 80er Jahre sickern täglich 12.000 Liter Wasser ein

Mit dem Zustand des Bergwerks - und damit den technischen Rahmenbedingungen einer Räumung - beschäftigten sich in Braunschweig mehrere Arbeitskreise. "Eine zentrale Aussage war, dass ein spontaner Zusammenbruch der Asse auszuschließen ist", berichtete König. Allerdings drohten weitere Wasserzutritte. Schon seit Ende der 1980er Jahre sickern täglich rund 12.000 Liter Flüssigkeit ein.

Konterkariert wurde das Bekenntnis des Bundesumweltministeriums zur Bergung des Atommülls durch die Absage eines prominenten Fachmannes. Michael Sailer, Leiter der Entsorgungskommission (ESK) des Bundes, war gar nicht erst nach Braunschweig gekommen.

Begründung: Die Tagung könne keine konkreten Ergebnisse bringen. Sailer hatte mehrfach Bedenken gegen die Rückholung geäußert. Er befürwortet stattdessen, das Bergwerk mit Beton und Salzlauge zu verschließen. Demonstranten forderten Röttgen auf, Sailer zu entlassen.

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