Zwischen hehren Zielen und Lizenzindustrie

FAIRER HANDEL Seit 20 Jahren vergibt der Kölner Verein Transfair in Deutschland das Label für Fairen Handel. Zum Teil hat er die Lebensbedingungen der Produzenten verbessert, eine Lösung für alle ist er nicht

BERLIN taz | Gestartet sind sie mit einer Truppe engagierter Mitarbeiter und dem ersten Lizenznehmer Gepa, inzwischen tragen Produkte von 200 Unternehmen in etwa 36.000 deutschen Geschäften das Fairtrade-Label: Seit seiner Gründung vor 20 Jahren prägt der Kölner Verein Transfair in Deutschland den Begriff Fairer Handel.

Als offizieller Lizenzgeber des Labels der Fairtrade-Labelling-Organisation International (FLO) in Deutschland agieren die etwa 30 Mitarbeiter bei Transfair als Mittler zwischen Produzenten, Händlern und Konsumenten. Einfluss auf die Lebensbedingungen der Produzenten in Entwicklungs- und Schwellenländer haben die Fairtradestandards etwa durch Regeln für die Produzenten selbst, wie Pestizidverbote und Diskriminierungsverbote. Über die festgeschriebenen „Fairtrade-Prämien“, die in regionale Gemeinschaftsprojekte fließen, und über Mindestpreise für die meisten der Fairtrade-Produkte erhalten die Bauern außerdem mehr Geld. „Besonders bei Produkten mit extem schwankungsanfälligen Weltmarktpreisen, wie etwa Kaffee, haben diese Fairtrade-Mindestpreise große Vorteile“, sagt Till Stellmacher, Zertifizierungsexperte am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) in Bonn. Allerdings sieht Stellmacher die Gefahr, dass teils die Zertifizierungsindustrie selbst und nicht das Interesse der Produzenten im Vordergrund steht. Die FLO hat ihre Standards mehrfach den veränderten Produktionsstrukturen angepasst. Für Produzentennähe spricht die Reform der Stimmrechte in der FLO, die seit 2011 mehrheitlich bei den Produzenten liegen. Am Beispiel äthiopischer Kaffee-Kooperativen hat Stellmacher beobachtet, dass sich die Zertifizierung unterschiedlich auf die Lebensbedingungen der Bauern auswirken kann. Am meisten profitierten Bauern in Kooperativen, die sich selbstständig gegründet haben. „In vielen Entwicklungsländern machen diese Bottom-up-Strukturen nur einen kleinen Teil, viele sind staatlich initiiert“, sagt der Entwicklungsexperte. Hier solle statt eines Siegels der Aufbau eigener Strukturen unterstützt werden. KAREN GRASS