Das hochgiftige Quecksilber wird endlich geächtet

ROHSTOFFE 140 Staaten unterzeichnen im japanischen Minamata eine Konvention gegen den Einsatz des toxischen Schwermetalls. Weltweit sind bis zu 15 Millionen Menschen direkt bedroht. Vor allem kleine Goldbergwerke vergiften Arbeiter und Landschaften

Quecksilber wird zur Produktion von Batterien, Energiesparlampen und Seife benutzt

VON ANDREAS ZUMACH

60 Jahre nach der schweren Quecksilber-Katastrophe in der Bucht von Minamata war die südwestjapanische Küstenstadt nun Schauplatz einer internationalen Konferenz zur Bekämpfung dieses hochgiftigen und für Menschen und Umwelt extrem gefährlichen Schwermetalls. 140 Staaten unterzeichneten die „Minamata-Konvention“, mit der die Produktion und Verwendung von Quecksilber erstmals weltweit geregelt und deutlich reduziert werden soll – inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation auch eine entsprechende Kampagne gestartet.

Der Text des Abkommens war im Januar dieses Jahres nach über vierjährigen zähen Verhandlungen im Rahmen des UN-Umweltprogramms Unep vereinbart worden. In Kraft tritt die Konvention allerdings erst nach der Ratifikation durch die Parlamente von mindestens 50 Staaten. Das könnte nach Einschätzung von Unep-Diplomaten allerdings noch weitere drei bis vier Jahre dauern.

In Minamata wurden Mitte der 1950er Jahre Zehntausende Menschen durch das Schwermetall vergiftet, nachdem der japanische Chemiekonzern Chisso quecksilberhaltiges Abwasser in die örtliche Bucht geleitet hatte. Es war die schwerwiegendste Umweltkatastrophe in Japan bis zu dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima im März 2011. In Folge der Quecksilbervergiftung starben über 3.000 Menschen; weitere 30.000 erlitten schwere, zumeist lebenslange Gesundheitsschäden. Die nach der Katastrophe benannte „Minamata-Krankheit“ beginnt mit Kopf- und Gliederschmerzen und führt zu Lähmungen, Psychosen, Missbildungen und Organ- und Nervenschäden.

Die neue Konvention sieht längerfristig die Reduktion von Emissionen des flüssigen Schwermetalls in Industrieanlagen vor sowie mittelfristig weltweite Verbote von zahlreichen Produkten, die Quecksilber enthalten. Bis 2020 soll Quecksilber bei der Herstellung von Batterien, Einschaltmechanismen, Energiesparlampen, Kosmetika und Seife sowie medizinischer Geräte wie Thermometer und Blutdruckmessern verboten sein. Die Null-Quecksilber-Kampagne und andere Umweltorganisationen kritisieren die in der Konvention vorgesehenen Fristen als viel zu lang.

Die Festlegung verbindlicher Reduktionsziele für die Emissionen von Quecksilber bei der Kohleverfeuerung und anderen industriellen Verfahren war am Widerstand Chinas und Indiens gescheitert. Staaten, in denen Quecksilber zum Goldabbau eingesetzt wird, sollen drei Jahre nach Inkrafttreten der Konvention nationale Pläne zur Verringerung der gefährlichen Substanz vorlegen. Die Konvention macht jedoch nur vage Angaben über die Finanzierung der nationalen Pläne. Bislang versprachen nur die Schweiz, Norwegen und Japan finanzielle Unterstützung für arme Länder.

Von der Gefährdung durch Quecksilber bei der Goldgewinnung sind vor allem Länder des Südens betroffen, in denen infolge des Goldpreisanstiegs massenweise kleine Schürfunternehmen entstanden, die Quecksilber einsetzen, um das Edelmetall vom Erz zu trennen. Um ein Gramm Gold zu gewinnen, werden zwischen drei und fünf Gramm Quecksilber benötigt. Der Gold-Kleinbergbau ist für fast einen Viertel des jährlichen Verbrauchs von Quecksilber verantwortlich und damit die größte Quelle für die Verschmutzung von Boden und Wasser durch Quecksilber. Laut Unep sind weltweit bis zu 15 Millionen ArbeiterInnen in Kleinbergwerken den Gefahren des Quecksilbers schutzlos ausgesetzt. Unter den Betroffenen sind häufig Angehörige ethnischer Minderheiten, wie zum Beispiel die Yanomami-Indigenen im brasilianischen Amazonasgebiet.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker forderte die Schweiz – die Alpenrepublik ist die wichtigste Drehscheibe im internationalen Goldhandel – dazu auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und ein Importverbot für „schmutziges Gold“ zu erlassen.