Die Angst vor dem großen Regen

ATOM Wasser von oben und von unten ist in Fukushima derzeit das größte Problem – und von den Hilfskräften nicht unter Kontrolle zu bekommen. Jetzt läuft wieder verseuchte Flüssigkeit ins Meer

BERLIN taz | Es muss nicht immer ein Erdbeben oder ein Tsunami sein. Im havarierten AKW Fukushima reicht auch ein heftiger Regen für den nächsten Störfall. Nach kräftigen Niederschlägen am Wochenende ist nach Meldungen von Nachrichtenagenturen offenbar wieder radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer gelangt. Und der nächste Taifun mit schweren Regenfällen wird Mitte der Woche erwartet.

In der Nähe der Schrottreaktoren wird das verseuchte Kühlwasser in Tanks gelagert, die teilweise lecken und deshalb in großen Wannen stehen. Als in den vergangenen Tagen zehn statt der erwarteten drei bis vier Zentimeter Niederschlag fielen, mischte sich das Regenwasser mit der ausgetretenen Flüssigkeit, die Becken liefen über. Das Wasser habe eine Strontium-Belastung von bis zu 710 Becquerel (der Grenzwert liegt bei 10) gehabt und sei vermutlich ins Meer geflossen, teilte Tepco laut der Nachrichtenagentur Kyodo mit. Strontium gilt als krebserregend.

Die drei AKW-Blöcke in Fukushima sind auch zweieinhalb Jahre nach der Kernschmelze nicht zu betreten, weil die Strahlung zu stark ist. Jeden Tag werden 400 Kubikmeter Wasser zur Kühlung hineingepumpt, noch einmal so viel drückt als Grundwasser in die lecken Meiler. So köcheln sie auf niedriger Temperatur relativ stabil vor sich hin. Das kontaminierte Wasser ist das größte Problem der Hilfskräfte. Die Tanks, in denen es gereinigt wird, bevor es wieder in die Reaktoren gelangt, haben ihr Fassungsvermögen schon lange erreicht.

Nach Angaben der atomkritischen Organisation CNIC waren schon vor der Reaktorkatastrophe 23 Brunnen nötig, damit das Grundwasser die Fundamente der AKW nicht aufschwimmen ließ. Deren Pumpen arbeiten aber nicht mehr. Heftiger Regen wie derzeit bringt immer die Gefahr, zusätzlich radioaktive Teilchen aus dem Boden um die Reaktoren auszuwaschen und ins Meer zu schwemmen. Zuletzt versuchten Arbeiter, diese Teilchen mit Klebespray zu fixieren.

Wie nachhaltig das Meerwasser in der Bucht weiter verseucht wurde, ist unklar. Erst letzte Woche hatte die turnusmäßige Kontrolle durch die japanische Atomaufsicht an Messpunkten direkt an der Küste beim AKW, im Hafen und weiter draußen im Meer „keinen signifikanten Anstieg“ der Strahlenwerte ergeben. Sie seien „nicht bemerkenswert, verglichen mit den Resultaten der letzten sechs Monate“. Ob sie bemerkenswert im Vergleich zu einem unverstrahlten Meer waren, wurde nicht gesagt. BPO