Die Freihändler haben es eilig

WELTHANDEL EU und USA wollen die Grundsteine des Transatlantischen Handelsabkommens schon Anfang 2014 legen. An den umstrittenen Klauseln zum Investorenschutz soll nicht gerüttelt werden

BRÜSSEL taz | Je heftiger die Proteste, desto schneller treiben EU und USA ihr Freihandelsabkommen voran. Dies zeigte die zweite Verhandlungsrunde, die am Wochenende in Brüssel zu Ende ging. Schon am 16. Dezember wollen sich die Unterhändler wieder in Washington treffen, um ihr umstrittenes Abkommen voranzutreiben.

„Wir machen große Fortschritte“, verkündete EU-Handelskommissar Karel De Gucht nach dem Treffen. Anfang 2014 sollen dann nicht mehr nur Experten, sondern auch die Chefs aus der Politik mitreden. Sie sollen die Grundsteine für die „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) legen. Allerdings hielt sich De Gucht diesmal noch im Hintergrund. Der Belgier muss sich vor Gericht verantworten, weil er fast eine Million Euro Steuern hinterzogen haben soll. Also schickte er seinen Chefunterhändler Ignácio García Bercero vor, der sich mit seinem US-Kollegen Dan Mullaney den Fragen der Journalisten stellte.

Man komme auf breiter Front voran, die Atmosphäre sei gut, beteuerten beide in Brüssel. Wer genauer hinhörte, konnte allerdings einen anderen Eindruck gewinnen: Amerikaner und Europäer reden offenbar aneinander vorbei. So möchte die EU den US-amerikanischen Auto- und Pharmamarkt für europäische Firmen öffnen. Demgegenüber setzen die Amerikaner auf Dienstleistungen, vor allem bei „Big Data“: Man könne doch mehr Daten austauschen und gemeinsame Datenbanken anlegen, sagte der US-Mann – als hätte er nie etwas von der NSA-Affäre und den europäischen Datenschutzbedenken gehört.

Einigkeit herrscht nur, wenn es die Kritik von Umwelt- und Verbraucherschützern abzuwehren gilt. Selbstverständlich würden die EU und die USA ihre Standards im Umwelt- und Gesundheitsschutz behalten, versichern die Experten. „Es geht nicht darum, unsere Schutzstandards zu senken“, so Bercero. „Wir werden unsere hohen Standards behalten“, pflichtete Mullaney bei.

Einig sind sie sich auch darin, spezielle Klauseln zum Schutz von Investitionen zu schaffen. Selbstverständlich sei dies Teil des Deals, so der Amerikaner. Man bemühe sich noch um ein gemeinsames Verständnis, fügte sein EU-Counterpart kleinlaut hinzu. Ein entschiedenes Nein klingt anders.

Doch genau das, ein Nein, fordert die Zivilgesellschaft. Es sei „unglaublich“, dass EU und USA immer noch an den Investorklauseln (im Fachjargon ISDS) festhalten, kritisierte Magda Stoczkiewicz, Direktorin von Friends of the Earth Europe. Damit würden nur die großen Konzerne begünstigt. Diese könnten dann durch Klagen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards kippen, warnte die grüne Europaabgeordnete Ska Keller unlängst in der taz . ERIC BONSE