Die Kanzlerin und die Energie-Lobby: Mutti der Mächtigen

Die Bundesregierung hält die Türen für die großen Energiekonzerne weit offen. Vertreter erneuerbarer Energien müssen sich hinten anstellen.

Die Autokanzlerin ist auch die Kanzlerin der alten Energiewirtschaft Bild: ap

BERLIN taz | Die Liste, die Eva Bulling-Schröter bekommen hat, ist lang: Welche Beziehung unterhält die Bundesregierung zu welchen Unternehmen und Verbänden der Energiewirtschaft, wollte die Abgeordnete der Linkspartei im Bundestag wissen. Die Regierung antwortete pflichtgemäß mit einer 24-seitigen Aufzählung von Gesprächsterminen von Kanzlerin, Ministern und Staatssekretären der schwarz-gelben Regierungsperiode.

Allein Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm 36 solcher Termine wahr, auf 33 kam Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (beide CDU). Auffällig ist: Persönlich Gespräche gab es fast ausschließlich für die Chefs der großen Energiekonzerne, allein Eon-Boss Johannes Teyssen hatte im Mai und August zwei persönliche Unterredungen mit Pofalla. RWE-Chef Peter Terium hatte zuletzt am 13. August einen persönlichen Termin mit der Kanzlerin.

Treffen von Spitzen aus Politik und Wirtschaft gehören zwar zum Regierungsalltag. Allerdings nicht für Vertreter erneuerbarer Energien, die laut der Antwort kein Vier-Augen-Gespräch mit der Kanzlerin hatten. Lobbyvereinigungen wie etwa der Bundesverband Erneuerbare Energien trafen allenfalls im Rahmen größerer Unterredungen auf die Spitzenpolitiker.

„Die Bundesregierung trifft sich offensichtlich deutlich lieber mit der alten Energiewirtschaft als mit den Vertreterinnen und Vertretern der regenerativen Energien“, sagt Bulling-Schröter. Der Verein Lobbycontrol kritisiert, dass solche Treffen für die Öffentlichkeit oft nicht nachvollziehbar sind. Die Liste ist gespickt mit Terminen von Neujahrsempfängen und Sommerfesten – auch von Firmen aus der Branche der erneuerbaren Energien.

Offenbar gibt es derartige Gespräche auch beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der unter anderem Eon, RWE, Vattenfall, EnBW, aber auch kleinere Kraftwerksbetreiber und Stadtwerke vertritt. „Zudem organisieren wir keine Termine hinter verschlossenen Türen, alle unsere Stellungnahmen sind öffentlich“, sagte die Vorsitzende Hildegard Müller kürzlich im taz-Interview.

Das gilt nicht für das „BDEW-Kamingespräch“. Der noch amtierende Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) war hier am 6. August zu Gast. Der BDEW verteidigt sich: „Bei dem Termin wurde dem Bundeswirtschaftsminister offiziell die Materialsammlung Erdgas übergeben“, teilte ein Sprecher mit. Das Material steht im Internet zum Download.

Lobbycontrol sieht das Problem auch weniger in den Gesprächen an sich, als in der ungleichen Verteilung der Gesprächspartner. „Die klassische Energiewirtschaft dominiert hier ganz klar. Vermutlich zieht sich das bis auf die Arbeitsebene der Ministerien herunter“, sagt Timo Lange, Sprecher von Lobbycontrol in Berlin. Dort unterhalten auch Umweltverbände wie der BUND zahlreiche Kontakte.

Gelegentlich gibt es auch Treffen im Kanzleramt, zwischen den Chefs der größten Verbände wie Greenpeace, WWF, Nabu, BUND oder DNR und der Kanzlerin – zuletzt im Juni 2011 zu einem „Verbändegespräch“.

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