Veggie auf Rädern

WELTVEGANTAG Mit fleischloser Ernährung lässt sich immer mehr Geld verdienen: Vegetarische Hotels boomen, Luxus und gutes Gewissen inklusive

BERLIN taz | Das neueste Schätzchen der Homepage Veggie Hotels ist ein Fünf-Sterne-Luxushotel in Rom. Dort gibt es zur Vorspeise ein Wassermelonen-Carpaccio mit Parmesan-Flocken, die 36 Monate lang gereift haben. Das vegetarische Urlaubsangebot auf der Internetseite reicht von der Pferdefarm in Uruguay bis zur Naturkostpension in Schleswig-Holstein.

Der internationale Weltvegantag wurde am Samstag zum 20. Mal begangen – noch nie von so vielen Menschen: Aktuell sind es laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov rund 900.000 – verzichten also komplett auf tierische Produkte, wie Fleisch, Milch, Eier und Honig. Aus ethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Gründen. Die Wirtschaft reagiert: Den Würsten ohne Fleisch folgten die Torten ohne Sahne und das pflanzliche Hundefutter. Nun also fleischfreies Reisen: Eine vegane Flusskreuzfahrt oder doch lieber eine Rohkostwoche im Harz?

„In einem vegetarischen Hotel fühlt man sich besonders geborgen“, behauptet Thomas Klein aus Berlin, der die Homepage Veggie Hotels seit 2011 zusammen mit seiner Frau betreibt. „Ausnahmsweise müssen Veganer dort nicht nachfragen, ob das Gemüse mit Hühnerbrühe gekocht ist.“ Rund 500 fisch- und fleischfreie Hotelküchen weltweit verzeichnet die Website.

Die Suche lässt sich nach verschiedenen Kriterien spezifizieren – nach Preis, rein veganen Menüs, glutenfreier Küche oder nach Yogakursen inklusive. 100 Hotels sind „Mitglieder“ bei Veggie Hotels – und zahlen für einen prominenteren Platz auf der Webseite. Dafür zeichnet Veggie Hotels sie als überprüft fisch- und fleischfrei aus. „Es hat sich schnell gezeigt, wie viel Potenzial eine Webseite mit vegetarischen Hotels hat“, sagt Klein. Die Nachfrage sei stark steigend, genaue Zahlen nennt er nicht.

Sogar komplett vegane Hotels seien mittlerweile im Kommen, sagt Stephanie Stragies vom Vegetarierbund Deutschland (VEBU): „Wer Veganismus als ganzheitliches Konzept lebt, sitzt dann meist nicht so gern auf Ledersofas und schläft lieber nicht in Daunen.“ Allerdings bräuchten Hotels Zeit für die Umstellung.

Auch der Hotelverband Deutschland (IHA) kennt den fleischfreien Trend: „In unserer Branche sind vegetarische und zunehmend auch vegane Menüs längst mehr als Kür“, sagt IHA-Sprecher Christopher Lueck, „sie sind Pflicht.“ Und ein rein veganes Hotel? Lueck zögert, dieses Konzept scheint ihn nicht zu überzeugen. Damit schließe man ja viele Gäste direkt aus.

Das Prunkhotel in Rom und sein „fancy Carpaccio“ sind auch nicht vegan, weil mit Parmesan Käse drauf ist. Dennoch sind Veganismus und Vegetarismus nicht nur im Mainstream, sondern auch in der Oberschicht angekommen. Besonders nachhaltig wird Luxustourismus aber auch durch Fleischverzicht nicht.

MERIÈM STRUPLER