Biogas verdrängt Ökolandbau: Bauer sucht Scholle

Der Ökolandbau stagniert, weil Biogasanlagen so viel Fläche verschlingen, dass die Pachtpreise steigen. Viele Landwirte können nicht mehr mithalten.

In der Schweiz gibt es noch Weiden Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn Biogasanlagenbetreiber jubeln, leiden die Ökobauern. Mittlerweile wird in Deutschland so viel Mais zur Stromerzeugung angebaut, dass die Pacht für Flächen immer teurer wird. Diese Flächenkonkurrenz ist nach Angaben des Interessenverbands Bioland ein wesentlicher Faktor für die Wachstumsschwäche des Biolandbaus.

Der neue Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) hat das Problem eigentlich erkannt und will die Förderung für neue Biogasanlagen kürzen. Doch Bayern und Baden-Württemberg wehren sich gegen die Pläne: Mitte der Woche wollen die beiden Ministerpräsidenten, Horst Seehofer (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), eine Absichtserklärung dazu herausgeben.

Gerade in Bayern zeigt sich die Flächenkonkurrenz deutlich: Mit rund 2.300 Stück stehen dort bundesweit die meisten Biogasanlagen. „Bayern war immer ein ganz guter Wachstumsträger“, sagt Bioland-Sprecher Gerald Wehde. Das habe sich geändert: Für das Jahr 2013 erwarte die Branche einen Stillstand oder nur geringes Wachstum, obwohl das Land die Öko-Flächenprämien erhöht habe. Insgesamt sind im Jahr 2012 die Anbauflächen für Biolebensmittel in Deutschland nur um 1,8 Prozent gewachsen, so wenig wie seit 20 Jahren nicht mehr.

In Niedersachsen gibt es zwar nur rund 1.500 Biogasanlagen, doch die elektrische Leistung ist höher als in Bayern. Die ökologisch bebaute Fläche ist im Norden in den vergangenen Jahren sogar geschrumpft: Im Jahr 2007 waren es nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung noch etwa 96.400 Hektar Fläche, 2012 sind es nur noch rund 74.500 Hektar. Die bestehenden Betriebe konnten sich kaum vergrößern: Ein Biohof war laut einer Statistik des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen 2007 im Durchschnitt rund 56, im Jahr 2012 noch 53 Hektar groß.

Wo Kühe weideten wächst inzischen Mais

Im Landkreis Rotenburg (Wümme) etwa ist das Bild von Kühen auf der Wiese selten geworden: „Hier sieht man kaum Tiere“, sagt der Milchviehhalter Hermann Borchers vom Biolandhof Mojenhop. „Da wächst jetzt Mais.“ Nach und nach seien alle Weiden zu Ackerland umgebrochen worden, auf denen Pflanzen für Biogasanlagen angebaut werde.

Der Landwirt bewirtschaftet etwa 140 Hektar, zwei Drittel davon sind gepachtet. Die Pachtpreise seien seit dem Beginn der Biogasförderung stark gestiegen, erklärt Borchers. Früher habe er etwa 300 Euro pro Hektar gezahlt. Wenn ihm nun ein Vertrag auslaufe, könne es sein, dass der Besitzer das Dreifache fordere. Borchers hat deshalb bereits ein Areal aufgeben müssen. Die Preise wirkten wie eine „Entwicklungssperre“, sagt er. „Unser ganzes Wirken dreht sich um Milchvieh. Unser Sohn möchte eigentlich dabei bleiben. Aber dafür braucht man die Fläche.“

Die Flächenkonkurrenz ist zwar auch für konventionelle Landwirte ein Problem. Doch die können aus der Fläche mehr rausholen: Nach einer Studie des Magazins Nature liegt der Ertrag bei Ökobauern etwa ein Viertel niedriger.

Milchviehhalter Borchers weiß, dass er sich Profit entgehen lässt: „Konventionell könnten wir auf der Fläche doppelt so viele Kühe melken.“ Sein Vorteil: Für einen Liter Milch erhält Borchers momentan etwa sieben bis acht Cent mehr als seine konventionell wirtschaftenden Kollegen.

Dieser Abstand reiche aber nicht, um die gestiegenen Landpreise auszugleichen, sagt er. Sein Sohn sei da ganz pragmatisch, der würde im Zweifel wieder auf konventionelle Landwirtschaft umstellen. Er jedoch habe sich für Bio entschieden: „Wenn ich die Kühe bei mir so auf der Weide liegen sehe, dann gleicht das doch einiges aus.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.