Kino-Film "The Spirit": Blutleer wie die Titelfigur

Die Leinwandadaption der Abenteuer des Comic-Helden "The Spirit" hat wenig mit dem Original gemeinsam. Sie will hip und sexy sein, ist aber schwerfällig.

Verrückter Forscher und Kostüm-Nazi: Samuel L. Jackson im Film "The Spirit". Bild: dpa

Die Stadt schreit. Sie ist meine Mutter. Meine Geliebte. Und ich bin ihr Geist. Ach herrje. Frank Millers Leinwandadaption der Abenteuer des Comic-Helden "The Spirit" will hip, sexy und schnittig wie ein Cabrio sein, ist aber bestenfalls schwerfällig wie ein Tanklaster, trotz dramatischer Kamerafahrten durch digitale Häuserschluchten. Die Bilder sind in abgekühltem Schwarzweiß gehalten, aber die Leidenschaften glühen rot wie die Krawatte des Helden und wie die vor Sinnlichkeit bebenden Lippen der Frauen, die ihn ausnahmslos verführen, umbringen und öfters beides zugleich wollen. Wenn er nicht gerade einer fatalen Femme tief in ihre Augen blickt, prügelt "The Spirit" (Gabriel Macht) sich durch die Reihen seiner kriminellen Feinde. Oder diese sich durch ihn. Denn der maskierte Verbrecherjäger, der herumläuft wie eine Kreuzung aus Zorro und Philipp Marlowe, ist auf wundersame Weise unzerstörbar. Kugeln und Messer können ihm nichts anhaben. Der Haken an der Sache: Seinem Erzfeind, dem verrückten Wissenschaftler, Oberschurken und Kostüm-Nazi Octopus (Samuel L. Jackson) ergeht es ebenso. Also vermöbeln die beiden sich folgenlos bis zur Erschöpfung und schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein mit allem, was ihnen gerade in die Hand kommt. Das können auch Kloschüsseln sein. Das Ganze läuft auf die unschöne Formel hinaus: Hardboiled detective novel meets Tom and Jerry.

Will Eisner hat "The Spirit" erstmals 1940 auf Papier gebracht. Millers Kinoverfilmung hat damit wenig gemeinsam. Von Eisners bunter Sorglosigkeit, seinem satirischen Blick auf die Konventionen von Film Noir und Detektivroman ist wenig übrig geblieben. Miller wurde als Comiczeichner durch die Neubearbeitungen bekannter Superheldengeschichten wie "Daredevil" oder "Batman" zur Legende unter Genre-Aficionados; "The Spirit" orientiert sich am visuellen Stil der Verfilmungen seiner eigenen Regie- beziehungsweise Drehbucharbeiten "Sin City" und "300", die die visuellen Schauwerte der Panels mehr oder minder unvermittelt auf die Leinwand übertragen haben - immer unter der Gefahr, dass jede Einstellung zum unbewegten Tableau gefriert. Das ist in "Sin City" noch gut gegangen, weil der massige Körper von Mickey Rourke unter der Hochglanzoberfläche noch spürbar wurde.

Miller stülpt Eisner seinen Stil einfach über, übrig bleibt wenig mehr als die Hülle des Originals. So ist "The Spirit" blutleer wie seine Titelfigur, der von Kugeln durchsiebt wird, ohne auszulaufen. DIETMAR KAMMERER

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