Obama hält historische Rede: Mein Pastor spaltet - Rassismus auch

Mit einer visionären Grundsatzrede über das Verhältnis von Schwarzen und Weißen reagiert Obama auf die Anwürfe wegen "spalterischer" Äußerungen seines Ex-Predigers.

"Ich kann ihn genauso wenig verleugnen, wie ich meine weiße Großmutter verleugnen kann" - Barack Obama über seinen ehemaligen Hausprediger Jeremiah Wright. Bild: ap

WASHINGTON taz Es war eine historische Rede, soviel steht fest. Der demokratische schwarze Präsidentschaftsbewerber Barack Obama sprach am Dienstag in Philadelphia vor Unterstützern zum ersten Mal über die schwierigen Rassenbeziehungen in den USA. Obama, der bislang seine Hautfarbe nicht zum Thema seines Wahlkampfes gemacht hatte, reagierte mit einer Grundsatzrede auf die zuvor seit Tagen immer heftigere Kritik an den verbalen Entgleisungen des schwarzen Predigers Jeremiah Wright, Obamas Pastor in der Trinity United Church of Christ in Chicago, einer der liberalsten protestantischen Kirchen der USA.

Obama ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Mitglied der Kirche in Chicago, in der Wright, 66, bis vor kurzem amtierte. US-Medien hatten in den vergangenen Tagen Videozusammenschnitte aus früheren Predigten Wrights veröffentlicht. Dieser hatte in der Vergangenheit vehement gegen die Herrschaft der "reichen Weißen" gewettert und "Gott verdamme Amerika" gefordert, weil er dem Land eine Mitschuld an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gegeben hatte.

Obama nannte die derzeit ständig im US-Fernsehen wiederholten Äußerungen Wrights in seiner Rede "abwegig", "inakzeptabel" und "unentschuldbar". Der Geistliche habe "die Größe und das Gute der USA herabgewürdigt". Weiße und Schwarze hätten sich zu Recht durch Wrights Rede beleidigt gefühlt. In einer Situation, da das Land Einheit brauche, habe Wright spalterische Formulierungen gebraucht. Verurteilen aber wolle er den Mann, der ihn zum christlichen Glauben inspiriert habe, ihn und seine Frau traute und seine Töchter taufte, jedoch nicht. Dessen Bemerkungen seien im Rahmen unverarbeiteter Rassenspannungen und historischer Erblasten der USA zu sehen, erklärte Obama. Wrights Fehler sei es aber, so zu reden, als ob die Verhältnisse statisch seien - dabei ginge es ihm, Obama, doch darum, die Veränderbarkeit des Landes zu betonen.

Wright sei dennoch ein Teil seines Lebens. "Ich kann ihn genauso wenig verleugnen, wie ich die schwarze Gemeinde verleugnen kann", sagte Obama. "Ich kann ihn genauso wenig verleugnen, wie ich meine weiße Großmutter verleugnen kann." Die habe viele Opfer für ihn gebracht, aber auch rassistische Bemerkungen gemacht. Obama sagte, die Wut über den fortbestehenden Rassismus in den USA entlade sich in schwarzen Kirchengemeinden oft in den Sonntagspredigten. Noch immer seien schwarze Amerikaner in vielerlei Hinsicht benachteiligt, sagte der Politiker. Dagegen empfänden Weiße ihre Lage oft durchaus nicht als priviligiert.

In seiner Rede, die manche Kommentatoren in eine Reihe stellten mit Grundsatzreden von John F. Kennedy und Abraham Lincoln, verortete Obama die Rassenproblematik nicht nur in der "Erbsünde dieses Landes, der Sklaverei", sondern auch im Schutz der Sklaverei durch die Konstruktion der amerikanischen Verfassung. Hier bewegte sich Obama auf bekanntem Terrain. Bevor er Politiker wurde, lehrte er an der Harvard University Verfassungsrecht.

Die New York Times würdigte Obamas Rede als den vielleicht wichtigsten Beitrag zur Rassenfrage in Jahrzehnten. Denn Obama sei es geglückt, trotz aller Kritik "hoffnungsvoll, patriotisch und damit durch und durch amerikanisch" zu bleiben, indem er daran erinnerte, dass nur in den USA eine Karriere wie seine, als Sohn einer Weißen und eines Afrikaners, möglich sei. Obama sprach dabei nicht nur von den Schwierigkeiten schwarzer US-Bürger, sondern ebenso von den beständigen Frustrationen weißer Arbeiter und Geringverdiener, die trotz harter Arbeit ihre Jobs und Häuser verlieren.

Obama hielt seine Rede in Philadelphia genau gegenüber von dem Ort, wo die Unabhängigkeitserklärung der USA formuliert und unterschrieben worden war. Mit ihr erinnerte der 46-jährige Senator daran, dass dieser Wahlkampf, der bislang die Rassenfrage als eine Sache von gestern erscheinen ließ, nur zum Erfolg führen könne, wenn sich das Land und alle Rassen und Ethnien in ihm dieser Problematik stellten und gemeinsam versuchten, die Schwierigkeiten zu überwinden. Denn ohne den Wunsch aller zu Veränderungen, ließe sich auch keine erfolgreiche Gesundheits-, Renten und Arbeitsmarktpolitik erreichen.

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