Letztes Fernsehduell: Obama, McCain und sein Klempner Joe

Aus Panik vor den schlechten Umfragewerten entdeckt McCain den kleinen Mann: Ein Klempner namens Joe Wurzelbacher sollte illustrieren, wie elitär doch Obama eigentlich sei.

McCains letzte Chance im direkten Duell. Bild: ap

WASHINGTON taz Einem Mann hat das dritte und letzte TV-Duell der US-Präsidentschaftsanwärter John McCain und Barack Obama in der Nacht zum Donnerstag auf jeden Fall zum Druchbruch verholfen: Joe, dem Klempner. In einem bizarren Versuch volksnah zu sein, wandte sich der republikanische Kandidat McCain kurz nach dem Beginn der Debatte plötzlich direkt an “Joe den Klempner”.

Ihn führte McCain unvermittelt als Kronzeugen dafür an, dass die Steuerpläne seines demokratischen Rivalen nicht im Interesse der Mittelschicht seien. Für Joe sei dies ein Grund, sich nicht wie geplant selbständig zu machen, sagte McCain ernst.

Das Duell war McCains letzte Chance, das Ruder noch einmal entscheidend in seine Richtung zu reißen. Denn für den 72-Jährigen sieht es nicht gut aus: Laut jüngsten landesweiten Umfragen liegt McCain knapp drei Wochen vor der US-Wahl am 4. November bis zu 14 Prozentpunkte hinter Obama zurück.

Entsprechend angespannt und reizbar wirkte der Senator aus Arizona, während Obama auch bei diesem - im Vergleich zu den vorangegangenen beiden TV-Duellen - wesentlich härteren Schlagabtausch fast emotionslos schien. Obama lächelte zwischendurch lediglich vor sich hin, wenn McCain versuchte, ihn zu provozieren.

Beide Senatoren hatten ihren Ton im Vergleich zu früheren Begegenungen deutlich verschärft. In der Hofstra-Universität in Hampstead bei New York warfen sie sich jeweils vor, eine falsche Wirtschafts-, Bildungs- und Steuerpolitik zu verfolgen.

"Joe, ich werde Dir helfen"

Als es konkret darum ging, Obamas Steuermodell für die Mittelklasse zu demontieren schaute McCain plötzlich direkt in die TV-Kamera und sagte: "Joe, ich will dir sagen, ich werde dir nicht nur helfen, das Geschäft zu kaufen, in dem du dein ganzes Leben gearbeitet hast. Ich werde auch deine Steuern niedrig halten, und ich werde für dich und deine Angestellten eine bezahlbare Gesundheitsversorgung ermöglichen."

Joe Wurzelbacher, wie der bis dato völlig unbekannte Handwerker heißt, hatte erst am vergangenen Wochenende die Weltbühne betreten. Da war Obama bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Ortschaft Holland im US-Bundesstaat Ohio auf ihn zugegangen. Ihm sagte Wurzelbacher dann beherzt: "Ihr neuer Steuerplan bedeutet mehr Steuern für mich."

Auch Obama hat schon mal mit Joe, dem Klempner, gesprochen. Bild: ap

Die Szene wurde von dem Fernsehsender Fox News eingefangen und gesendet – weshalb es in der Nacht zum Donnerstag auch nur wenige Minuten bedurfte, um den nun berühmten amerikanischen Otto Normalverbraucher ausfindig zu machen.

"Joe wollte das Geschäft kaufen, in dem er all die Jahre gewesen ist und zehn oder zwölf Stunden am Tag gearbeitet hat", sagte McCain während der Diskussion. "Aber als er Ihren Steuerplan sah, erkannte er, dass er viel mehr Steuern zahlen müsste," hielt McCain Obama vor.

Joe will nicht sagen, wen er wählt

Wurzelbacher, von allen TV-sendern sofort bestürmt, sagte nach der Fernsehdebatte er sei total baff, genannt worden zu sein. Aber McCain habe seinen Standpunkt ganz gut zum Ausdruck gebracht, sagte der Klempner aus Toledo, Ohio. Wen er am 4. November wählen will, wolle er der Welt aber nicht sagen. "Das ist allein meine Sache."

Wie angekündigt, wiederholte McCain in der Debatte tatsächlich seine seit Wochen gegen Obama in sogenannten Attack-TV-Spots formulierten Vorwürfe. Darin wirft die McCain-Kampagne Obama vor, Beziehungen zu dem militanten Vietnamkriegsgegner William Ayers zu pflegen. Ayers, heute Soziologieprofessor, soll in den 60er Jahren Bombenattentate in den USA geplant und ausgeführt haben.

Republikanisch gesponserte "Terrorkontakte"

Obama wies darauf hin, dass er acht Jahre alt gewesen sei, als Ayers seine Untergrundaktionen ausgeführt habe. Seine Kontakte zu Ayers seien dergestalt, dass er gemeinsam mit ihm auf einem Podium einer Bildungsinitiative gesessen habe, dass von einer republikanisch orientierten Organisation gesponsert worden sei.

Obama warf McCain vor, von den eigentlichen Krisen- und Sachthemen ablenken zu wollen: "Die Tatsache, dass dies in ihrem Wahlkampf so eine wichtige Rolle einnimmt, sagt mehr über Ihren Wahlkampf aus als über mich."

McCain wies seinerseits den gebetsmühlenartig wiederholten Vorwurf der Demokraten von sich, die verfehlte Politik von Präsident George W. Bush weiterführen zu wollen. "Ich bin nicht Bush", sagte McCain schroff und es klang wie ein Satz, den er schon länger unterbringen wollte. "Wenn Sie gegen Präsident Bush wahlkämpfen wollen, dann hätten sie vor vier Jahren antreten sollen", raunzte McCain.

Ohne sich aus dem argumentativen Modus – manche Kommentatoren warfen ihm Professorengehabe vor – bringen zu lassen, wiederholte Obama dann doch noch ein paar Mal, dass McCain in Schlüsselfragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik immer mit Bush gestimmt habe.

McCain, der zu Beginn der Debatte recht eloquent und selbstbewußt seinen neuen Hilfsplan für durch die Finanzkrise bedrohte Hausbesitzer vorstellte, sagte, das sei das entscheidende Mittel zur Überwindung der Krise. Er warf Obama vor, mit dessen geplanter Steuererhöhung für Reiche einen Klassenkampf für die Umverteilung des Wohlstands entfachen zu wollen.

Obama bemühte sich wenig überzeugend, diesen Vorwurf zu kontern: "Niemand mag Steuern." Für die wichtigen Investionen in die Wirtschaft müsse aber genügend Geld zur Verfügung gestellt werden. Er trete für Steuerkürzungen zugusten von 95 Prozent der Bevölkerung ein, wolle aber die Amerikaner mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Dollar stärker zur Kasse bitten. Zur Konsolidierung des wachsenden Haushaltsdefizits schlug Obama zudem Kürzungen im Etat des Pentagons vor.

Sieger Obama

Im Verlauf des meist recht trockenen Hin- und Hers, verlor McCain nach dem ersten Drittel jedoch seine Frische und seine Selbstbeherrschung. Immer öfter schnitt er Grimassen und ließ seine Angespanntheit erkennen. Erste Blitzumfragen von US-Sendern sahen wie in den vorangegangenen TV-Duellen auch, wieder Obama als Sieger.

Bei CNN sagten 58 Prozent der Befragten, Obama habe sich besser geschlagen, nur 31 Prozent sagten dies über McCain. Die Umfrage des Senders CBS sah Obama sogar mit 53 zu 22 Prozent als Gewinner.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.