Comeback Clintons im US-Vorwahlrennen: "Yes, she can!"

Mit Siegen in Ohio, Texas und Rhode Island ist Clinton plötzlich wieder obenauf. Bisher hatte noch jeder US-Präsident zuvor in Ohio gewonnen. Jetzt droht eine Schlammschlacht mit Obama.

Freude. Bild: dpa

COLUMBUS taz Es ist 22.53 Uhr in Columbus, Ohio. Die Menschen im Atheneum toben, fallen sich reihenweise um den Hals, kreischen als gäbe es kein Morgen und stimmen dann noch diesen Sprechchor an, der einem doch irgendwie bekannt vorkommt. Genau, er klingt wie das Mantra von Barack Obama und auch diese Euphorie kennt man von seinen Wahlkampfauftritten. Doch wenn man genau hinhört, schreien die Leute nicht "Yes, we can!" sondern "Yes, she can!" Gemeint ist Hillary Clinton. Sie ist soeben auf der riesigen Leinwand von CNN zur Wahlsiegerin in Ohio erklärt worden.

Es ist nicht irgendein Sieg für Clinton. Es war der letzte Strohhalm, den sie ergreifen musste, um überhaupt noch im Rennen zu bleiben. Nicht wenige hatten am Morgen dieses Dienstages noch ihren endgültigen Knock-Out erwartet. Jetzt wird sie später in der Nacht sogar noch den Staat Texas gewinnen, aber das weiß auf dieser Wahlparty noch keiner.

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Ohio reicht auch erstmal, um sich in aller Ausführlichkeit als Comeback-Kandidatin zu inszenieren: "Für alle, die schonmal gestolpert, aber nicht gefallen sind und für alle, die hart arbeiten, aber nie aufgeben - dieser Sieg ist für euch!", berauscht Clinton zu Beginn ihrer Siegesrede ihre Anhänger. "Diese Nation kommt zurück, genauso wie diese Kampagne!" Sie weiß, dass sie mit Ohio jetzt so etwas wie den Trumpf der US-amerikanischen Politik in der Hand hält. Denn noch nie gab es einen US-Präsidenten, der nicht auch Ohio für sich entscheiden konnte. Und das kostet sie hier im Herzen des "Buckeye"-Staates genüsslich aus: "Wie Ohio wählt, so wählt die Nation!" Soll heißen: An mir führt in Sachen Präsidentschaftskandidatur jetzt kein Weg mehr vorbei.

Das ist freilich ein wenig vorschnell. Denn ob Clinton den Delegierten-Rückstand zu Obama überhaupt wird verringern können, ist noch längst nicht ausgemacht. Das Rechnen dürfte insbesondere in Texas noch ein Weilchen andauern. Und bis vor kurzem noch wären ihre Siege in Texas und Ohio nicht gerade eine Überraschung gewesen, schließlich lag sie in Umfragen schon mal bis zu 20 Prozent vor ihrem Konkurrenten - bis eben Obamas unglaubliche Siegeserie begann.

Für Clinton dürften diese Überlegungen nebensächlich sein. Denn mit ihren insgesamt drei Siegen (Ohio, Texas, Rhode Island) hat sie womöglich etwas viel Entscheidenderes geschafft, als mathematische Sprünge: Sie hat das "Momentum" von Obama, seinen Lauf, nach dessen 12 Erfolgen in Serie erst einmal gestoppt. Statt Knock-Out geht das Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur weiter. "Ich fange gerade erst an!" ist so einer dieser Sätze hier in Columbus, der ihre Entschlossenheit unmissverständlich verdeutlichen soll.

Der Konkurrenzkampf droht zum Drama zu werden. Denn offensichtlich sind der ehemaligen First Lady inzwischen alle Mittel recht, um die Kandidatur doch noch an sich zu reißen. In ihrer Siegesrede stellt sie gleich mal klar, dass sie auch auf die Stimmen aus Michigan und Florida beharre. Die dortigen Vorwahlen hatte sie zwar gewonnen, doch waren sie schon vorab für ungültig erklärt worden, da die beiden Staaten eingeständig ihre Wahltermine festgesetzt hatten.

Dass für Barack Obama jetzt ungemütlichere Zeiten anbrechen, hatte sich schon in den letzten Tagen angekündigt. Heftig wie nie hatte die Clinton-Kampagne in Fernsehwerbungen und bei Wahlkampfauftritten Obama als unerfahrenen Politneuling attackiert, der den anstehenden Problemen nicht gewachsen sei. Ihre Siege dürften sie in ihrer jüngsten Negativ-Strategie nur noch bestärken.

Über das Gemetzel auf demokratischer Seite wird sich einer ganz besonders freuen: John McCain. Der 71-Jährige gewann sowohl die Vorwahlen in Ohio als auch in Texas und sicherte sich damit offiziell die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Die können sich jetzt in aller Ruhe auf die Wahlen im November vorbereiten.

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