Kommentar Protest gegen Kohlekraftwerke: Bewegung gegen Kohle

Dass auch der Kampf gegen Kohlekraftwerke Beine machen kann, haben die Demonstranten am Wochenende gezeigt. Jetzt müssen die Umweltverbände daran arbeiten, daraus eine echte Bewegung zu formen.

Die Demonstranten, die am Wochenende gegen Kohlekraftwerke auf die Straße gegangen sind, haben die Zeichen der Zeit richtig erkannt: Klimaschutz und neue Kohlekraftwerke, beides zusammen geht nicht. Denn Kohlekraftwerke, die heute gebaut werden, laufen 40 Jahre lang - und zementieren damit eine Energieversorgung aus dem letzten Jahrhundert. Gut 3.000 Menschen demonstrierten dagegen in Hanau gegen Eons Pläne zum Ausbau des Kraftwerks Staudinger. Und knapp 1.000 Menschen kamen nach Jänschwalde, Europas drittgrößte Kohlendioxid-Dreckschleuder.

Das ist ein schöner Erfolg. Denn die Energieversorger Eon & Co versuchen uns einzureden, ein Ausstieg aus Kohle und Atomstrom sei gleichzeitig nicht zu machen, und warnen vor einer angeblich drohenden "Stromlücke". Dabei haben Untersuchungen belegt, dass der Ausstieg aus der Atomenergie auch ohne neu gebaute Kohlekraftwerke machbar ist. Deutschland produziert schließlich schon heute so viel Strom, dass es halb Belgien mitversorgen könnte. Wenn die Politik nur will, lässt sich die künftige Energieversorgung durch den Ausbau der Erneuerbaren und einer gleichzeitigen Effizienzoffensive sicherstellen.

Weil aber die "Klima-Allianz", ein Zusammenschluss von hundert Einzelverbänden, im Vorfeld erklärt hatte, mehr als 6.000 Menschen auf die Straße bringen zu wollen, hat sie sich nur unnötig unter Druck gesetzt. So blieb ihr am Ende nichts anderes übrig, als die Teilnehmerzahlen zu schönen, um nicht als Versager dazustehen. Dabei machte es letztlich gar keinen Unterschied, wie viele Demonstranten da waren. Denn angesichts der Tragweite des Problems waren es in jedem Fall zu wenige.

Bleibt die Frage: Warum? Augenscheinlich mangelt es dem brisanten Thema an Mobilisierungskraft. Daran muss die Klima-Allianz arbeiten: Menschen lassen sich nur für Dinge anspitzen, die sie bewegen. Dass auch der Kampf gegen Kohlekraftwerke Beine machen kann, haben die Demonstranten am Wochenende gezeigt. Jetzt müssen die Umweltverbände daran arbeiten, daraus eine echte Bewegung zu formen. Damit zur nächsten Demo fünfmal mehr auf die Straße gehen.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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