Kommentar SPD-Programm: SPD light

Mit ihrem Programmentwurf für den Bundestagswahlkampf positioniert sich die SPD für eine Koalition mit der FDP. Was daran links sein soll, bleibt bei genauer Betrachtung undeutlich.

Die SPD zieht mit einem linken Programm in den Wahlkampf. So verkündet es die Partei, so steht es in fast allen Zeitungen. Und die Liste, die dies belegt, klingt eindrucksvoll: Reichensteuer, Börsenumsatzsteuer und Mindestlohn. Die FDP ist ordnungsgemäß entsetzt und beteuert, dass sie mit so einer Umverteilungspartei keinesfalls regieren wird. Das wiederum ist betrüblich für Steinmeier, der ja unbedingt mit Westerwelle regieren will - und bloß nicht mit der Linkspartei. Die SPD scheint das richtige Programm für die falsche Koalition zu haben.

Aber das täuscht. Wer in dem 65-seitigen Wahlprogramm auf Kleingedrucktes und Zwischentöne achtet, gewinnt ein anderes Bild. Die mit Trommelwirbel verkündete Reichensteuer ist nichts anderes als eine milde zweiprozentige Erhöhung des Steuersatzes für die Bestverdiener auf 47 Prozent. In den 90er-Jahren, unter Schwarz-Gelb, lag der Spitzensteuersatz sechs Prozentpunkte höher.

In diesem Programm sind die Überschriften knallig, doch im Konkreten wird es unverbindlich. Die SPD will zwar den generellen Mindestlohn - doch wie hoch der sein soll, das möge eine Kommission entscheiden. Wolkiger geht es kaum. Von der Vermögensteuer hat sich die Partei endgültig verabschiedet. Die Brennelementesteuer, mit der die Atomindustrie an den Kosten der Endlagerung beteiligt werden soll, fehlt. Ebenso die Mindestrente, die SPD-Linke kürzlich noch für unabdingbar hielten, um Altersarmut zu verhindern. Die Privatisierung der Bahn wird zwar ausgeschlossen, aber nur bis 2013. Das heißt: Solange die Börsen kränkeln, steht die Bahnprivatisierung eh nicht an - danach für die SPD vielleicht doch wieder. Mit diesem Programm hält Steinmeier sich alles offen. Machttaktisch mag das clever sein. Überzeugend ist es aber nicht, den Mindestlohn so vage zu fordern, dass niemand rebelliert, wenn in einer Ampelregierung daraus dann leider nichts wird.

Im Vorwort dieses Programms steht: "Diese Krise war kein Betriebsunfall. Es kann danach nicht weitergehen wie bisher." So ist es. Doch die SPD tut so, als reiche es, ein paar Stellschrauben etwas anders zu justieren. Ihr Programm ist kein mutiger Entwurf für das "sozialdemokratische Zeitalter", das Müntefering in einem Akt der Autosuggestion herbeiredet. Es ist das Programm einer Partei, die den kleinmütigen Kompromiss mit der FDP schon im Hinterkopf hat.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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