Kommentar politische Straftaten: Wie man mit linker Gewalt umgeht

Die Zahl der linksextrem motivierten Gewalttaten ist dramatisch angestiegen ist. Doch wer die Gewalt bekämpfen will, der muss wissen, wovon er redet - und was sie befördert.

Gewalt ist keine Lösung. Und deshalb ist es zweifellos bedenklich, dass die Zahl der registrierten politisch motivierten Gewalttaten dramatisch angestiegen ist. Noch bedenklicher ist es, wenn die Zahl linksextrem motivierter Taten nach oben schnellt. Dringend notwendig wäre nun einen genaue Analyse dieser Entwicklung. Doch die am Dienstag vom Bundesinnenministerium veröffentlichen Zahlen lassen das kaum zu.

Schon deshalb verbietet sich der Versuch, linke und rechte Gewalt gleichzusetzen, wie es jetzt manche in der Regierung tun. Wer etwa glaubt, den Linksextremismus bekämpfen zu können, indem man Projekte gegen rechts umwidmet, hat wenig von dem Problem verstanden. Denn bei Initiativen gegen Rechtsextremismus geht es in erster Linie darum, der mancherorts hegemonialen Gewalt von Neonazis etwas entgegenzusetzen. In Teilen Deutschlands bleibt einem nur noch die Wahl, Nazi zu werden oder deren Opfer zu sein. Selbst in Städten, die eine starke linksradikale Szene aufweisen, läuft dagegen niemand Gefahr, deren Opfer zu werden, bloß weil er selbst keiner linken Gruppe angehört.

Es geht nicht darum, linke Gewalt zu entschuldigen. Doch wer sie bekämpfen will, der muss wissen, wovon er redet - und was sie befördert. Ein Blick auf Berlin kann da hilfreich sein. Wegen der vielen brennenden Autos wurde die Hauptstadt von der Berliner CDU im vergangenen Jahr schon zur Kapitale linksextremistischer Gewalt erklärt. Von Januar bis Mitte März 2009 wurden hier 46 Fahrzeuge durch Brandstiftungen beschädigt, bei denen die Berliner Polizei ein politisches Motiv vermutete. Anfang dieses Jahres waren es nur noch neun Fahrzeuge - mithin ein Rückgang um sensationelle 80 Prozent.

Das könnte daran liegen, dass es potenziellen Brandstiftern in den Frostnächten ganz einfach zu kalt war. Oder man schreibt die Entwicklung dem anhaltend hohen Fahndungsdruck der Polizei zu. Dazu muss man aber auch wissen, dass die Stadt seit Jahresbeginn an runden Tischen über Perspektiven für räumungsbedrohte linke Hausprojekte und Wagenburgen verhandelt.

Angebote aus dem politischen Raum waren schon früher ein probates Mittel, um linksradikale Bewegungen vor dem Abdriften in die Gewalt zu bewahren. Auch das ist ein Unterschied zum Umgang mit dem Rechtsextremismus, wo sich solche Zugeständnisse verbieten.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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