Und nun zum Wetter?

URTEIL Kachelmann ist vom Vergewaltigungsvorwurf freigesprochen. Nicht nur für ihn ist nichts mehr so, wie es war. Opferverbände fürchten die Folgen des Medienspektakels

MANNHEIM taz/dapd/afp | Nach mehr als acht Monaten Verhandlung hat das Landgericht Mannheim den Wettermoderator Jörg Kachelmann am Dienstag vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Es gebe keine „tragfähigen Beweise“, dass der 52-Jährige im Februar 2010 eine Freundin mit einem Messer bedroht und vergewaltigt habe, sagte der Vorsitzende Richter Michael Seidling bei der Urteilsverkündung. Daher gelte der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Die Kammer sei zwar „überzeugt, dass wir die juristisch richtige Entscheidung getroffen haben“, sagte Seidling, Befriedigung verspüre das Gericht dadurch aber nicht. „Wir entlassen den Angeklagten und die Nebenklägerin mit einem möglicherweise nie mehr aus der Welt zu schaffenden Verdacht – ihn als potenziellen Vergewaltiger, sie als potenzielle, rachsüchtige Lügnerin.“

Seidling kritisierte auch die Berichterstattung über das Verfahren. Die Pressefreiheit sei ein hohes Gut, dennoch habe es vorschnelle Prognosen, einseitige Darstellungen der Fakten und Diagnosen von Experten gegeben, die nicht vor Ort gewesen seien. „Versuchen Sie, sich künftig weniger von Emotionen leiten zu lassen“, ermahnte er die Journalisten. Man müsse nun jeweils die günstigste Variante für Kachelmann und seine Exfreundin unterstellen und sich vor Augen führen, „was beide möglicherweise durchlitten haben“. Nur so habe man den Grundsatz „In dubio pro reo“ verstanden. Nur dann gebe es „nicht nur Verlierer“.

Opferschutzorganisationen haben den Freispruch scharf kritisiert. Dadurch könnten künftig noch mehr Opfer abgehalten werden, eine Vergewaltigung anzuzeigen, erklärten Sprecher vom Verein Weißer Ring und Terre des Femmes. Sie bemängelten die Berichterstattung über den Prozess und die Vorverurteilung der Klägerin in Teilen der Öffentlichkeit.

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