Böse Verbrecher? Arme Verlierer?

GROSSBRITANNIEN Die Unruhen breiten sich im Land aus: Schwere Auseinandersetzungen in Birmingham. Polizei meldet 1.300 Festnahmen. 16.000 Polizisten patrouillieren in London

LONDON taz/dpa | Die schweren Krawalle in Großbritannien haben sich in der vierten Nacht von London nach Manchester, Birmingham und Liverpool verlagert. Während in der britischen Hauptstadt ein Aufgebot von 16.000 Polizisten für teils gespenstische Ruhe sorgte, zogen nun Randalierer durch andere britische Städte, lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, zündeten Autos und Häuser an und plünderten Geschäfte. In Birmingham starben am Rande der Proteste drei Männer, als sie an einer Tankstelle von einem Auto überfahren wurden. Zunächst war nicht klar, ob der Vorfall direkt mit den Krawallen in der Stadt zu tun hat. Die BBC berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, die Männer hätten ihren Wohnblock vor den Randalierern schützen wollen. Birmingham war in der Nacht einer der Schwerpunkte der Krawalle.

In Manchester liefen hunderte vermummte Jugendliche durch das Stadtzentrum. In Nottingham warfen Angreifer mit Brandsätzen, setzten eine Schule sowie Fahrzeuge vor einer Polizeiwache in Brand. In einigen Vierteln Londons liefen am Dienstagabend Anwohner Streife. Die rechtsradikale English Defence League kündigte an, ihre Mitglieder auf die Straße zu schicken, um die Bewohner zu schützen.

„Das sind Verbrecher, die durchdrehen“, sagte ein ranghoher britischer Polizeioffizier. „Sie haben nichts, wogegen sie protestieren müssten“, sagte der stellvertretende Polizeichef Manchesters, Garry Shewan. „Es gibt keine Ungerechtigkeit und kein Ereignis, das das ausgelöst hat.“ Der britische Soziologe Paul Bagguley sagte dagegen der taz, es handele sich um „einen breiten Aufstand der jungen Generation aus ärmeren Schichten der Gesellschaft“. Das sei ein „Aufstand der Konsumgesellschaft“, sagte er.

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