KOMMENTAR VON INES POHL
: Eine Frage des Charakters

Wulff begibt sich wieder und wieder in bedenkliche Grauzonen

Ausgerechnet sein Freund und Gönner Egon Geerkens straft, so meldet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, den Bundespräsidenten Lügen. Anders, als Christian Wulff behauptet, hat dieser den umstrittenen Kredit persönlich und direkt mit Geerkens verhandelt.

Von welchem Konto die 500.000 Euro letztlich abgebucht wurden, ob von dem der Millionärsgattin, des Millionärs oder vom gemeinsamen Konto, spielt keine Rolle. Was zählt und Konsequenzen haben muss, ist die Tatsache, dass Wulff mehrmals behauptet hat, keine Geschäftsbeziehungen mit Geerkens zu pflegen und gepflegt zu haben. Mit anderen Worten: Der Präsident hat gelogen.

Dabei geht es im engeren Sinne längst nicht mehr darum, ob Wulff formaljuristisch die Unwahrheit gesagt hat, als er noch Niedersachsens Ministerpräsident war. Es geht darum, dass er sich wieder und wieder in Grauzonen begeben hat und begibt, die politisch bedenklich sind. Und dann versucht darüber hinwegzugehen, als würde es keinerlei Problem darstellen, wenn Politiker sich in Abhängigkeiten zu Menschen mit konkreten Geschäftsinteressen begeben.

Zur Erinnerung: Mal urlaubte Christian Wulff auf Kosten und gemeinsam mit dem Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer auf Mallorca, mal ließ er sich zum Langstreckenflug nach Florida kostenlos in die Luxusklasse hochstufen. Und das samt Familie. Man muss nicht sonderlich verderbt sein, sich vorzustellen, dass solche großzügigen Gesten mit einem Kalkül einhergehen. Gerade wenn sie von Geschäftsleuten ausgehen, die ja auch deswegen erfolgreich sind, weil sie wissen, wie man sich selbst zu Erfolgen verhilft.

Damit entblößt der Bundespräsident einen Charakter, für den es normal ist, wenn Spitzenpolitiker und Spitzenunternehmer erst zusammen urlauben, um dann gemeinsam auf Geschäftsreisen zu gehen. Unabhängig davon, dass sich Wulff in seiner kurzen Amtszeit durchaus einige Verdienste erworben hat: Als Staatsoberhaupt ist er untragbar geworden.