Wulff tut sich echt leid

INTERVIEW Bundespräsident Christian Wulff gibt in ARD und ZDF schwere Fehler im Umgang mit der Presse zu. Dennoch sieht er sich als armes Opfer der Medien

BERLIN taz | Nach langem Zögern hat sich Bundespräsident Christian Wulff (CDU) am Mittwochabend erstmals zu seinen Drohanrufen bei Zeitungen des Springer-Konzerns geäußert. In einem 15-minütigen Interview, das von ARD und ZDF gemeinsam geführt wurde, sagte Wulff am Abend, sein Anruf bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann wegen der geplanten Veröffentlichung über seinen privaten Hauskredit sei „ein schwerer Fehler“ gewesen, „für den ich mich entschuldige“. Sein Verhalten sei „mit meinem eigenen Amtsverständnis nicht vereinbar“.

Allerdings machte Wulff deutlich, dass er sich auch „als Opfer der Medien“ empfunden habe. Die Bild-Zeitung habe ihn „mit Unwahrheiten in Verbindung gebracht“ und seine „Freunde in die Öffentlichkeit gezogen“, klagte der Bundespräsident. Die Recherchen hätten sein ganzes Heimatdorf „in Aufruhr gebracht“.

Als Zensurversuch wollte er die Anrufe nicht verstanden wissen. „Wenn Sie die Erfahrung machen, dass privateste Dinge öffentlich gemacht werden, ist es doch normal, dass man um die Möglichkeit bittet, noch mal ein Gespräch zu führen“, sagte Wulff.

An den Recherchen der Bild und der Welt am Sonntag, bei der er wegen eines Artikels über seine Halbschwester ebenfalls interveniert hatte, übte Wulff scharfe Kritik: „Es gibt auch Persönlichkeitsrechte und Menschenrechte selbst für Bundespräsidenten.“

Einen Rücktritt lehnte Wulff dementsprechend ab. Er habe nicht einmal daran gedacht, sagte Wulff: „Ich hatte die ganzen Wochen über große Unterstützung.“ Darum wolle er im Amt bleiben und „nach fünf Jahren eine Bilanz vorlegen, dass ich ein guter Bundespräsident war“.

Der deutsche Journalistenverband hatte im Vorfeld des Fernsehgesprächs kritisiert, dass der Bundespräsident sich nicht in einer Pressekonferenz den Fragen aller Medien stellte, sondern nur ausgesuchten Fernsehredakteuren das Interview gab. MKR

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