Kommentar Acta: Rettungsschirm für Acta

Die Acta-Gegner sind erfolgreich: Der Europäische Gerichtshof soll das Anti-Piraterie-Abkommen prüfen. Jetzt darf den Kritikern der Protestatem nicht ausgehen.

ist Redakteurin im Ressort taz2/Medien.

Da haben die Acta-Gegner noch einmal Glück gehabt. Eigentlich war ihr Protest schon wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Denn wenn ein Wulff zurück- und ein Gauck antritt - wer will da noch über ein internationales Anti-Piraterie-Abkommen berichten, mit dem in ganz Europa Urheberrechte geregelt werden sollen?

Doch dann hat dieser Protest, der das Abkommen als Vertrag im Sinne der Konzerne und als Angriff auf die Meinungsfreiheit zurückweist, doch noch Wirkung gezeitigt: EU-Handelskommissar Karl De Gucht will Acta dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vorlegen.

Ein Erfolg, den man getrost den Acta-Gegnern in ganz Europa zuschreiben kann: Da muss eine EU-Kommission darauf reagieren, dass ihr die Unterstützung der Mitgliedsländer wegbröckelt. Denn nach massiven Protesten legte nach Polen und Tschechien dann irgendwann auch Deutschland die Verabschiedung des Vertrags auf Eis. Das zeigt: Eine europäische Öffentlichkeit ist kein Mythos - in netzpolitischen Fragen ist sie inzwischen sogar so mächtig, dass sie selbst die EU-Kommission zur Kursänderung zwingen kann.

Trotzdem ist dieser Erfolg aus Sicht der Acta-Gegner nicht nur erfreulich. Das Einbeziehen des EuGH sei notwendig, um die angeblich unbegründete Angst vor dem Abkommen zu nehmen, sagte EU-Kommissar De Gucht gestern. Das klingt gerade so, als würde die Kommission darauf spekulieren, dass die Richter keinerlei Einwände haben werden. Das wiederum wäre ein Eigentor für die Anti-Acta-Bewegung.

Denn wenn das Oberste Gericht Europas Acta aus juristischer Perspektive als unbedenklich einstuft, ist ihnen, zumindest teilweise, der Wind aus den Segeln genommen. Das Europäische Parlament könnte dann zwar noch immer aus politischen Gründen gegen das Abkommen stimmen, doch die Mehrheit der Abgeordneten davon zu überzeugen, dass die Ablehnung von Acta richtig ist, bleibt ein hartes Stück Arbeit.

Die Prüfung vor dem Europäischen Gerichtshof kann Jahre dauern. Gut möglich also, dass die EU-Kommission auf Zeit spielt. Und darauf hofft, dass den jungen Europäern der Protestatem ausgeht. Dass sich ihr Protest als Strohfeuer erweist. Und sich die Kritiker über die Deutung der komplizierten Materie zerstreiten. Dann kann Brüssel Acta womöglich doch noch retten. Allen Anfangserfolgen der Kritiker zum Trotz.

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