Der Terrorist von nebenan

FRANKREICH Wegen „salafistischer Radikalisierung“ war Mohammed M., der mutmaßliche mehrfache Mörder von Toulouse, vom Geheimdienst überwacht worden

PARIS taz/afp | Er nennt sich Mitglied von al-Qaida, er will sich für Frankreichs Militäreinsatz in Afghanistan und für Israels Umgang mit den Palästinensern rächen. Und er ist zum Sterben bereit: Mohammed M., 23 Jahre alt, algerischstämmiger Franzose aus Toulouse, Urheber der Mordanschläge auf vier französische Soldaten am 11. und 15. März sowie auf drei Schüler und einen Lehrer einer jüdischen Schule am Montag.

Mohammed M.s Geschichte ähnelt der anderer schlecht in die Gesellschaft integrierter und frustrierter Jugendlicher nordafrikanischer Herkunft in Frankreich, die von islamistischen Fundamentalisten für den Dschihad begeistert werden. Sein langjähriger Anwalt – M. war seit 2004 immer wieder in Strafsachen verwickelt, zuletzt einer Führerscheinsache – sagte, er sei ein „zivilisierter“ und „höflicher“ Mensch gewesen. Doch in den letzten Jahren habe er sich „plötzlich radikalisiert“.

Frankreichs Innenminister Claude Guéant gab an, dass M. „schon lange“ vom Inlandsgeheimdienst DCRI überwacht wurde – „wegen salafistischer Radikalisierung, ohne dass irgendetwas den Schluss zugelassen hätte, dass er im Begriff sei, eine kriminelle Handlung zu begehen“.

Den Geheimdiensterkenntnissen zufolge reiste M. mehrfach nach Afghanistan und Pakistan. Er soll sich den Taliban angeschlossen haben und wurde 2007 verhaftet, nachdem er in der Region Kandahar Bomben gelegt haben soll. Auf ungeklärtem Wege floh er nach Pakistan. Im Januar 2008 bewarb er sich in Lille um Aufnahme in die Armee, sagte Oberst Bruno Lafitte. Er bestand alle Tests, aber „die Überprüfung seiner Vorstrafen hatte eine Ablehnung seiner Bewerbung zur Folge“. 2010 habe es M. erneut vergeblich bei der Fremdenlegion probiert.

„Entweder ich gehe ins Gefängnis und dann kann ich reden, oder ich sehe dem Tod mit einem Lächeln entgegen“, sagte ein Mann, der vermutlich M. war, in einem Bekenneranruf beim französischen TV-Sender France 24, kurz bevor die Polizei sein Wohnhaus umstellte. RB, D.J.

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