Die letzte Chance der Nazi-Jäger

KRIEGSVERBRECHER Einer der wenigen noch lebenden Kommandeure der Auschwitz-Deportationen wird entdeckt. Die Suche nach den letzten Altnazis läuft unter Hochdruck

BERLIN taz | Einer der meistgesuchten mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrecher ist entdeckt: Rechercheure des Simon-Wiesenthal-Zentrums und britische Reporter fanden den Ungarn Ladislaus Csizsik-Csatary in einem Budapester Apartment. Efraim Zuroff vom Wiesenthal-Zentrum sagte der taz, die Behörden hätten schon seit zehn Monaten vom Aufenthaltsort des Mannes gewusst. Mit der Veröffentlichung wolle man nun den öffentlichen Druck auf Ungarns Justiz verstärken. Csizsik-Csatary steht auf der Liste der jüdischen Menschenrechtsorganisation mit den meistgesuchten Kriegsverbrechern ganz oben.

Der 97-Jährige soll im Jahr 1944 bei der Deportation von 15.700 Juden aus dem slowakischen Kosice in das Vernichtungslager Auschwitz als Polizeichef im jüdischen Getto eine wichtige Rolle gespielt haben.

Das britische Boulevardblatt The Sun veröffentlichte am Sonntag ein Foto von Csizsik-Csatary. Reporter der Zeitung spürten ihn nach einem Hinweis des Wiesenthal-Zentrums in seiner Wohnung in Budapest auf.

Csizsik-Csatary wurde 1948 in Abwesenheit zum Tod verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits nach Kanada geflüchtet. Erst 1997 flog dort seine Vergangenheit auf, doch Csizsik-Csatary konnte rechtzeitig ausreisen.

Auch in Deutschland werden die Ermittlungen gegen mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher fortgeführt. Aufgrund von Recherchen der Zentralen Stelle zu Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg ermittelt derzeit die Cottbusser Staatsanwaltschaft gegen einen 91-Jährigen, dem die Beteiligung an einem Massenmord an Juden in der Ukraine vorgeworfen wird. Die Dortmunder Staatsanwaltschaft treibt die Ermittlungen gegen sieben Männer voran, die an einem Massenmord in Frankreich teilgenommen haben sollen.

KLAUS HILLENBRAND

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