KOMMENTAR VON MICHAEL BRAUN ZU DEN ARBEITSLOSEN JUGENDLICHEN IN EUROPA
: Jeder zweite ohne Job und Perspektive

Etwas Ausbildung hier, etwas Arbeitsbeschaffung dort: Das ändert nicht die Krise

Erkannt ist das Problem schon lange: Von rechts bis links gibt es kaum einen Politiker, kaum eine Partei, die bestreiten würden, dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa ganz oben auf der Prioritätenliste stehen muss. Überraschen kann das nicht angesichts der Daten gerade aus den Krisenstaaten Südeuropas, in denen mittlerweile jeder zweite Jugendliche ohne Job und ohne Perspektive dasteht. Mehr als eine Million in Spanien, über eine Million auch in Italien, Hunderttausende in Portugal und Griechenland – bei solchen Zahlen fällt es schwer, die Rede von der „verlorenen Generation“ als rhetorische Übertreibung abzutun.

Und es fällt schwer, in den bisher ergriffenen Maßnahmen Wege zur Lösung des Problems zu sehen. Gewiss, die EU-Kommission hat eine Jugendbeschäftigungsinitiative aufgelegt, finanziert mit 6 Milliarden Euro.

Gewiss, die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich auf die „Jugendgarantie“ geeinigt, wonach jeder jugendliche Arbeitslose das Recht hätte, binnen vier Monaten eine Arbeit oder einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Und zum Beispiel Italien legt auf nationaler Ebene nach: Dort soll jetzt ein freiwilliger Zivildienst eingerichtet werden, für rund 100.000 Jugendliche. Sicher ist das positiv für alle die, die in den Genuss dieser Programme kommen werden. Zugleich aber ist angesichts der bescheidenen finanziellen Ausstattung der Programme klar: Die meisten werden draußen bleiben.

Vor allem aber springen alle Lösungsansätze dieser Art einfach zu kurz. Ein bisschen Ausbildung hier, ein bisschen Arbeitsbeschaffung dort – dies ändert schier gar nichts an der tiefen Krise im Süden Europas.

Italien zum Beispiel hat seit 2008 ein Viertel seiner Industrieproduktion eingebüßt. Und während Deutschland wieder ein Jahr mit solidem Wachstum vor sich hat, musste Italien im ersten Quartal 2014 den Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent hinnehmen. In solch einer Situation Beschäftigung zu schaffen – das kommt einer Quadratur des Kreises gleich.

In Brüssel, in Berlin mag mancher glauben, die Eurokrise sei nunmehr im Griff, doch der Kontinent driftet weiter gefährlich auseinander. Erst wenn die EU sich dieses Dramas annimmt, gibt es auch eine Perspektive für die Millionen jungen Arbeitslosen.

Europa-taz SEITE 11