Die erste Gondoliera

Für Giorgia Boscolo hat sich ein Kindheitstraum erfüllt. Die 23-jährige Italienerin hat es als erste Frau geschafft, die schwierige, 400 Stunden umfassende Fahrprüfung des Verbandes der venezianischen Gondolieri zu bestehen. Damit ist in der Lagunenstadt die neun Jahrhunderte alte männliche Exklusivität in der Branche passé. Bis zur Eröffnung einer „Gondelschule“ im Jahr 2007 wurde der Beruf vom Vater auf den Sohn vererbt.

„Ich bin überglücklich, auch wenn mein Leben heute erst mal normal weitergeht“, sagte Boscolo nach ihrem Erfolg. Es war ihr zweiter Anlauf, die Prüfung zu bestehen. Vor zwei Jahren war sie knapp gescheitert. Bis sie sich „Gondoliera“ nennen darf, dauert es aber noch ein bisschen. Zunächst muss sie für mehrere Monate als eine Art Kopilot bei anderen mitfahren.

Boscolo, die zwei Söhne hat, lebt in Marghera und arbeitete bislang gelegentlich in einer Trattoria in Venedig. Nun tritt sie in die Fußstapfen ihres Vaters Dante, der ebenfalls Gondoliere ist. Er ist der Überzeugung, dass seine Tochter „ihren Job gut machen“ wird, bleibt aber dabei, dass Gondelfahren ein Männerberuf ist: „Es braucht einfach sehr viel körperliche Kraft dafür.“ Giorgia Boscolo weist das zurück. Sie bestreitet, dass sie als Frau zu schwach sei, um Gondeln zu manövrieren: „Die Geburt eines Kindes ist viel schwieriger.“ Die schwarzen Gondeln sind elf Meter lang und wiegen 500 Kilogramm. Sie werden mit einem langen Ruder durch die Kanäle gesteuert. In der Hochsaison kann man bis zu 5.000 Euro im Monat verdienen.

Schon als Kind war Boscolo mit dem Vater unterwegs. „Ich habe Gondeln immer geliebt und, anders als meine drei Schwestern, bin ich lieber mit meinem Vater rudern gegangen als mit meinen Freunden auszugehen.“ Nun hofft sie, bald Kolleginnen zu bekommen. DPA, TAZ