Cooler Shootingstar

Viel geschrieben hat der 32-jährige Schriftsteller aus Kalifornien noch nicht. Berühmt ist Daniel Alarcón trotzdem: Sein erster Roman „Lost City Radio“ brachte ihn in alle Feuilletons – in den USA, in Lateinamerika und hierzulande. Erzählt wird die Geschichte einer supererfolgreichen Radiomoderatorin irgendwo in Südamerika in den Zeiten nach der Militärdiktatur.

Die Themen des Fußballfans sind: Vergangenheitsaufarbeitung, Opportunismus, Liebe, strukturelle Gewalt. Sein Stil ist flüssig bis gefällig, durchsetzt von guten Dialogen plus einem leichten Hang zum Melodram.

Gestern erhielt Alarcón in Berlin den Internationalen Literaturpreis: 25.000 Euro. Auf die Summe angesprochen – schon Pläne fürs neue Leben gemacht? –, lacht er leicht hysterisch. Um sich sofort zu sammeln. Nein, er lebe an einem teuren Ort, das Geld sichere ihm einfach ein Jahr Alltag. – Und dass ihn offenbar alle Kritiker liebten, was mache das mit ihm? Jetzt lässt er sich nicht mehr aus der Reserve locken und behauptet trocken, arrogant sei er schon vorher gewesen. Wie hätte er sich sonst drei Jahre in sein Zimmer zurückziehen können, um den Roman zu schreiben?

Alarcón wurde 1977 in Lima geboren, kam mit drei Jahren in die USA und wuchs in einer soliden Mittelschichtsfamilie auf. Zu Hause wurde stets spanisch gesprochen, die Verbindung nach Peru nie unterbrochen. Gleichzeitig ist er selbstverständlich amerikanischer Patriot; die Inauguration von Obama trieb ihm die Tränen in die Augen. Auch wenn er an PolitikerInnen nicht sonderlich interessiert sei, sagte er damals, kulturell sei eine nichtweiße Familie im Weißen Haus schlicht Wahnsinn.

Ob ihn Obamas Rolle in den aktuellen Diskussionen um Guantánamo ernüchtert habe? Seine politischen Erwartungen an Obama seien immer nüchtern gewesen. Doch das Lager werde geschlossen, immerhin. Traurig aber sei, dass Folter in den USA nicht als ethisches Problem diskutiert werde. Stattdessen gelte ihre Ineffizienz als das entscheidende Problem. Über seinen neuen Roman will er noch nicht reden. Aber wenn er nicht gerade rumjettet oder am Mill College lehrt, sitzt er schon wieder im Kämmerchen. INES KAPPERT