Deutsches Interesse

JUSTIZ Mit der Festnahme Murwanashyakas begegnet Deutschland wachsender internationaler Kritik

BERLIN taz | Mit der Festnahme von Ignace Murwanashyaka beendet die deutsche Justiz eine jahrelange Zeit scheinbarer Untätigkeit und Inkompetenz. FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka konnte seine für Kriegsverbrechen im Kongo verantwortliche Organisation jahrelang von Deutschland aus führen und genoss dabei in Deutschland politisches Asyl. Wie jüngste Recherchen der taz ergaben, stand er in regelmäßigem direkten Kontakt mit der FDLR-Militärführung im Kongo, ließ sich Bericht erstatten und gab strategische Anweisungen (taz vom 10. 10. 2009).

2006 ist Murwanashyaka schon einmal in deutscher Untersuchungshaft gewesen – wegen illegaler Einreise aus dem Kongo. Aber er kam bald wieder frei, ein Ermittlungsverfahren wegen Kriegsverbrechen wurde eingestellt. Inzwischen aber wird Murwanashyaka von Interpol gesucht, und nachdem Anfang 2009 militärische Maßnahmen gegen die FDLR im Kongo begannen, mehrten sich die Forderungen nach flankierenden politischen und juristischen Maßnahmen gegen die FDLR-Exilführung in Deutschland und Frankreich. Dies ist dieses Jahr Dauerthema auf den regelmäßigen Treffen der EU-Arbeitsgruppe zum Afrika der Großen Seen.

Deutschland und Ruanda arbeiten nun im Justizbereich zusammen. Die neuen Ermittlungen gegen Murwanashyaka laufen laut Bundesanwaltschaft „seit etwa einem Jahr“. Parallel dazu hat eine UN-Expertengruppe, die die Einhaltung des Embargos gegen Kongos bewaffnete Gruppen überwacht, immer neue peinliche Details über die Aktivitäten der FDLR in Europa gesammelt. Ein daraus entstandener UN-Untersuchungsbericht wird am heutigen Mittwoch in New York dem zuständigen UN-Sanktionskomitee übergeben und in einer Woche dem UN-Sicherheitsrat vorgestellt.

Ein Zusammenhang zwischen diesem Termin und der Festnahme in Karlsruhe einen Tag vorher existiert laut Bundesanwaltschaft nicht, wird aber auf politischer Ebene nicht ausgeschlossen. Man habe die UN-Experten von den Festnahmen vorab informiert und sie damit dazu bewegen können, ihren Bericht abzuschwächen, heißt es in Berlin. Der internationalen Kritik, so hofft man, könnte jetzt ein wenig Wind aus den Segeln genommen sein. DOMINIC JOHNSON