Der stille Vermittler

Bislang war sein Name nur Fachleuten ein Begriff. Doch das wird sich jetzt ändern, denn gestern wurde der Migrationsforscher Haci-Halil Uslucan offiziell zum neuen Direktor des Zentrums für Türkeistudien (ZfT) in Essen berufen. Damit steht der 45-Jährige künftig im Rampenlicht, wann immer hierzulande über Fragen der Einwanderung, Integration oder die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei debattiert wird.

Uslucan steht für einen Generationswechsel an der Spitze des namhaften Instituts. Im zentralanatolischen Kayseri geboren, kam er 1973 als „Gastarbeiterkind“ im Alter von acht Jahren mit seinen Eltern nach Berlin. Dort studierte er zunächst Psychologie, dann Semiotik und Literaturwissenschaft, bevor er sich zwischen 1999 und 2006 in Magdeburg in einem Forschungsprojekt mit Jugendgewalt beschäftigte. Als Wissenschaftler, der zu familiären Problemen unter Migranten forschte und sich in einer Kampagne der Regierung für gewaltfreie Erziehung engagierte, erwarb er sich einen hervorragenden Ruf. Unter Uslucan, der mit der Leitung des Essener Instituts auch eine Professur an der Universität Duisburg übernehmen wird, dürfte das Zentrum für Türkeistudien eine neue Ausrichtung erfahren und seinen wissenschaftlichen Ruf, der zuletzt gelitten hatte, aufpolieren. Auch wird wohl ein anderer Führungsstil einkehren als unter Faruk Sen, der das Institut in den Achtzigerjahren aufgebaut und wie ein Patriarch alter Schule geleitet hatte.

Bisher wirkte Uslucan vor allem im Stillen, die große Bühne ist ihm fremd. Auch darin unterscheidet er sich von seinem Vorgänger, einem eifrigen Netzwerker, der sich als lautstarker Lobbyist türkischer Interessen in Deutschland verstand. Nach einem unglücklichen Vergleich von Juden und Türken wurde Sen im Sommer 2008 zum Rücktritt gedrängt, nun kümmert er sich um den Aufbau einer deutschen Stiftungsuniversität in Ankara.

„Stärker der Integrationsforschung widmen“ solle sich künftig das Zentrum für Türkeistudien, wünscht sich Armin Laschet, der Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen. Einen besseren Garanten hätte er dafür nicht finden können. DANIEL BAX