Der aus Prinzip Hungernde

Dieser Preis, sollte er denn an mich vergeben werden, ist ein Preis für die pazifistische Opposition in Kuba, nicht für Guillermo Fariñas. Er gebührt allen Kräften, die sich in Kuba und außerhalb Kubas für die Demokratie auf der Insel einsetzten“, sagte Guillermo Fariñas Mittwochnacht telefonisch der taz. Zwölf Stunden später gab EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek bekannt, dass der 48-jährige Kubaner mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte des Europäischen Parlaments ausgezeichnet wird.

Buzek würdigte Fariñas als einen Menschen, der bereit gewesen sei, seine Gesundheit und sein Leben aufs Spiel zu setzen, um einen Wandel in seinem Heimatland zu erreichen. Der studierte Psychologe, der im Zentrum der Insel, in Santa Clara, lebt, ist international bekannt geworden, weil er seit Ende der 1980er Jahre mehr als zwanzigmal für seine Überzeugung in den Hungerstreik getreten ist.

Der letzte datiert vom 24. Februar 2010. Aus Protest gegen den Hungertod von Orlando Zapata Tamayo und für die Freilassung von 26 politischen Gefangenen, deren Gesundheitszustand als ausgesprochen schlecht galt, verweigerte Fariñas die Nahrungsaufnahme. 134 Tage währte dieser 23. Hungerstreik. Als der Mann mit den großen, dunklen Augen und dem kahlen Charakterkopf ihn auf Bitten von Angehörigen am 8. Juli schließlich beendete, hatte die kubanische Regierung bekannt gegeben, 52 politische Gefangene freizulassen – darunter die 26 mit schlechtem Gesundheitszustand.

Für Guillermo Fariñas war dies nicht mehr als ein „Fortschritt“, denn „an den Gesetzen hat sich nichts geändert“. Zudem kritisiert der prinzipienfeste Mann, der im offiziellen Kuba als Söldner im Dienst der USA bezeichnet wird, dass politische Häftlinge genötigt werden, das Land zu verlassen. „Verbannung“ nennt Fariñas das, dessen Vater an der Seite Che Guevaras im Kongo kämpfte und der selbst ein Veteran des kubanischen Angolaeinsatzes ist. Mit ihm sei das nicht zu machen, aber zur Preisverleihung nach Straßburg im Dezember will er unbedingt reisen – allerdings nur mit Rückkehrgarantie. Dafür ist er bereit zu kämpfen, und so ist sein 24. Hungerstreik nicht auszuschließen. KNUT HENKEL