Der Stratege vom ZDF

Eigentlich könnte das ZDF den 17. Juni auch gleich wieder als Feiertag einführen und die 77 FernsehrätInnen in den Garten schicken. Denn die Wahl des künftigen Intendanten findet zwar tatsächlich erst in gut einem Monat statt, aber das Ergebnis steht schon fest. Thomas Bellut, derzeit Programmdirektor, wird im Frühjahr 2012 neuer Chef.

Nach der politischen Farbenlehre im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt Bellut als Schwarzer – und ist es auch. Allerdings in der gemäßigten Variante des bodenständigen Münsterlandes, aus dem er stammt. Der 56-Jährige spielt nicht das Landei, dafür bekrittelt mancher eine latente Gutsherrenmentalität: Sein Stil, heißt es, sei eher top-down.

Beim Zweiten, wo der Programmdirektor stets schwarz und der Chefredakteur vermeintlich rot zu sein hat und der Politproporz bis heute nicht vor der mittleren Leistungsebene haltmacht, ging Belluts Karriere schnell voran. Bekannt wurde er spätestens als Leiter der ZDF-Innenpolitik und telegener Politmoderator in den 90er Jahren. Parteilich war und ist Bellut bei aller politischen Verortung aber nicht. Als 2002 sein Vorgänger Markus Schächter nach langem Polithickhack Intendant wurde, galt zwar der damalige Fernsehspielchef Hans Janke als Favorit für die Programmdirektion, doch Bellut bekam den Job.

Erste kühne Aktionen wie der Versuch, mit der Übernahme des siechen „Bravo TV“ vom Privatfernsehen dem ZDF junges Leben einzuhauchen, gingen daneben. Aber Bellut lernte schnell und ist heute einer der wichtigsten Strategen des „neuen“ ZDF – dem er auch das TV-Kabarett „Neues aus der Anstalt“ verordnete und wo er 2008 Elke Heidenreichs „Lesen!“-Sendung strich, weil die sich geschämt hatte, beim ZDF zu arbeiten.

Als 2009 die Union gegen den Willen des Intendanten den Kopf von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender forderte und bekam, stand Bellut allerdings nicht eben loyal zu Schächter, sondern demonstrativ im Abseits und hielt sich raus. Dem Verhältnis zum Noch-Intendanten hat das offenbar keinen Abbruch getan: Wie perfekt organisiert der Übergang nun läuft, trägt klar die Handschrift des Kamingesprächsstrategen Schächter.

STEFFEN GRIMBERG