Brandsätze in Berlin: Alte Feindbilder von links

Die Parteien streiten über einen angeblichen neuen Linksterrorismus. Mutmaßliche Täter weisen den Terrorvorwurf zurück.

Mindestens 17 Brandsätze wurden in den vergangenen Tagen in Berlin gefunden. Bild: reuters

BERLIN taz | Vier Tage nachdem die ersten Brandsätze in Berlin entdeckt wurden, hat sich die mutmaßliche Tätergruppe erneut mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt. In der auf der Webseite Indymedia veröffentlichten "Richtigstellung zur Medienberichterstattung" äußerte sich das sogenannte Hekla-Empfangskomittee noch einmal zu den Brandsätzen. Für die Urheberschaft der Gruppe spricht, dass in dem Schreiben konkrete Hinweise auf die Art der Brandsätze gegeben werden, die auf Täterwissen schließen lassen.

In den letzten Tagen waren in Berlin mindestens 17 Brandsätze in Kabelschächten von Bahnanlagen gefunden worden, von denen zwei Feuer gefangen hatten. Am Donnerstag haben Polizisten eine weitere Flasche mit brennbarer Flüssigkeit gefunden. In dem Schreiben versuchen die Autoren dem Eindruck entgegenzutreten, die Brandsätze hätten eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten können. Weder habe die verwendete Technik zu "Explosionen" führen können, noch seien Entgleisungen oder Tunnelbrände zu befürchten gewesen.

Zuvor war der Streit über die Deutung der Anschläge voll entbrannt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte am Donnerstag: "Wir müssen äußerst wachsam sein, dass die in den Anschlägen zum Ausdruck kommende Gewaltbereitschaft sich nicht zu einem neuen Linksterrorismus entwickelt." Auch Polizeigewerkschafter wiederholten ihre Warnungen vor einem neuen Linksterrorismus.

Der Innenexperte der SPD, Dieter Wiefelspütz, warnte dagegen davor, die Brandsätze in Zusammenhang mit Terrorismus zu bringen. Zwar seien die versuchten Anschläge sehr ernst zu nehmen, aber "Terrorismus ist gekennzeichnet durch rücksichtslose Gewaltanwendung, die das Ziel hat, Menschen zu töten und sie in Schrecken und Panik zu versetzen". Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warnte vor übertriebenen Reaktionen.

Kein Kommentar der Polizei

Der Berliner Protestforscher Dieter Rucht sagte ebenfalls am Donnerstag: "Ich glaube nicht, dass wir am Anfang einer Spirale nach oben stehen." Solche Taten würden in der Regel nur von sehr kleinen Gruppen verübt. Selbst die radikale Linke, so Rucht weiter, habe sich deutlich abgewandt von den Taten der RAF. Durch die Berliner Brandsätze seien keine Menschen verletzt worden. Auch die Deutsche Bahn bestätigte am Donnerstag, dass eine Gefahr für Kunden nicht bestehe.

Dass die Täter aus dem linksautonomen Milieu stammen, ist naheliegend, aber noch nicht sicher. Vage Hinweise auf die Täter liefern bislang ein Bekennerschreiben mit Bezügen auf Debatten innerhalb der linksautonomen und militanten Szene sowie das Schreiben, das am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Weitere Hinweise auf die Täter und ihr Umfeld wollten am Donnerstag weder die Polizei noch die Bundesanwaltschaft kommentieren. Letztere hatte die Ermittlungen wegen des Verdachts der "verfassungsfeindlichen Sabotage" an sich genommen. Erste Hinweise auf das mögliche Umfeld könnte allerdings eine Bauanleitung liefern, die im Juli 2010 in der linksautonomen Szenezeitschrift Interim abgedruckt worden war.

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