Hilfe für den Euro aus China: Betteln um Rettung

Die Europäer versuchen in Peking, Geld für den Rettungsschirm aufzutreiben. Die Volksrepublik hält sich bedeckt. Und dürfte Bedingungen stellen.

Wird der eine dem anderen helfen? Bild: imago

PEKING taz | Zwei Tage nachdem sich die Europäer darauf geeinigt haben, einen großen Teil der griechischen Schulden abzuschreiben, hoffen sie nun auf Geldspritzen aus China. Der Chef des europäischen Eurorettungsfonds (EFSF), Klaus Regling, traf gestern zu einem Besuch in Peking ein - und bemühte sich sogleich, die Erwartungen an die Chinesen zu dämpfen.

Er sehe "keine genauen Ergebnisse voraus", erklärte Regling. Er habe die Verantwortlichen im Finanzministerium und der Pekinger Zentralbank über den EU-Gipfel informiert, aber "nicht über Investitionen verhandelt". Es gebe daher auch keine Beschlüsse zu verkünden.

Die EU hatte sich am Donnerstag in Brüssel darauf geeinigt, den Rettungsfonds von bislang 440 Milliarden auf 1 Billion Euro zu vergrößern, um den in Not geratenen EU-Mitgliedern wie Griechenland, Portugal, Spanien oder Italien besser aus der Klemme helfen zu können.

China sei bereits "loyaler und guter Kunde" von Schatzbriefen des EFSF, berichtete Regling. Wegen ihrer großen Handelsüberschüsse müsste die Pekinger Regierung ihre Devisen jeden Monat im Ausland anlegen, um attraktive Zinsen zu erzielen. Deshalb sei sie an "sicheren und attraktiven Anlagemöglichkeiten" interessiert.

Mit seinen chinesischen Gesprächspartnern habe Redling auch über die Möglichkeiten gesprochen, Kapital einzusetzen. Stillschweigen bewahrte Redling darüber, wie viel Geld die Pekinger Banker bereits in den EFSF angelegt haben. Es sei üblich, keine Auskunft über Investoren zu geben, erklärte er.

Peking dürfte Bedingungen stellen

Immerhin enthüllte er, dass bislang rund 40 Prozent aller Papiere des Fonds von asiatischen Geldgebern gezeichnet wurden. China werde dabei wie jedes andere Land behandelt. "Es gibt dafür keinen Sonderdeal."

Peking dürfte Finanzspritzen mit politischen Bedingungen verknüpfen. Die Volksrepublik verlangt beispielsweise, ihr den Status der "Marktwirtschaft" zu gewähren. Dieser würde Dumping-Klagen europäischer Firmen gegen die chinesische Konkurrenz erschweren. Zudem fordern chinesische Politiker immer wieder, das nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 verhängte EU-Waffenembargo aufzuheben.

Die chinesische Seite schien bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, dass das Geld locker sitzt. Derzeit hat Peking rund 3,2 Billionen Dollar Devisenreserven. Der größte Teil dieses Vermögens ist bereits festgelegt, überwiegend in amerikanischen Schatzbriefen. China werde abwarten, bis die technischen Einzelheiten der neuen EFSF-Investitionsformen klarer seien, erklärte Vizefinanzminister Zhu Guangyao gestern.

Chinas Finanzpolitiker befinden sich dabei in einer Zwickmühle: Sie müssen ihre Devisen im Ausland sicher anlegen. Aber weder die USA noch die EU können derzeit garantieren, dass die Gelder hundertprozentig geschützt sind. Mit Sorge wird die Ankündigung Washingtons betrachtet, große Investitionsprogramme aufzulegen und dafür Geld zu drucken, was den Wert des Dollars mindern dürfte.

Gleichzeitig ist aber auch die Finanzlage der Volksrepublik immer unklarer: Provinzen und Städte nahmen in den vergangenen Monaten gewaltige Kredite auf, um mit neuen Infrastrukturprojekten Arbeitsplätze zu schaffen und das Wirtschaftswachstum wieder über 9 Prozent zu treiben. Wie hoch der interne Schuldenberg ist, weiß aber niemand. Experten sprechen von mindestens 1 Billion Euro.

In einer Umfrage der Bankenvereinigung Chinas erklärten jüngst 60 Prozent der befragten chinesischen Banker, eine Rückkehr zu "kluger Geldpolitik" gehöre zu den dringlichsten Zielen in der gegenwärtigen Lage.

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