Gemeindechef vor Comeback

Es ist ein Comeback, das Berlins Jüdische Gemeinde erneut zu spalten droht. Bei der Wahl eines neuen Leitungsgremiums setzte sich Gideon Joffe mit seinem Bündnis „Koach!“ (deutsch: „Stärke“) jetzt unerwartet deutlich durch. Mit einer Zweidrittelmehrheit im Gemeindeparlament im Rücken dürfte er wieder zurück an die Spitze rücken. Dort stand er bis Ende 2007 schon einmal.

Erst seiner Nachfolgerin Lala Süsskind war es gelungen, das Defizit der hoch verschuldeten Jüdischen Gemeinde von jährlich 2,5 Millionen Euro auf rund 800 000 Euro zu drücken; dazu musste sie fast ein Viertel des Personals abbauen. Aus „persönlichen Gründen“ hatte Süsskind aber nach vier Jahren nicht noch einmal kandidiert. Nun haben ihre Widersacher um Joffe das Ruder wieder an sich gerissen.

Der 39-jährige Joffe ist in Berlin aufgewachsen, seine Familie stammt ursprünglich aus Lettland und Israel. Als Kaufmann und Unternehmensberater machte er Karriere, bevor er im November 2005 überraschend zum Vorsitzenden der größten jüdischen Gemeinde Deutschlands gewählt wurde. Zuletzt war Joffe ein knappes Jahr lang Geschäftsführer der umstrittenen Berliner „Treberhilfe“, die mittlerweile insolvent ist.

Unter den Zuwanderern aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, die auch in Berlins jüdischer Gemeinde heute die Mehrheit stellen, ist Joffe beliebt. Ihnen vor allem verdankt er seinen Wahlerfolg, der noch höher ausfiel als schon im Dezember. Damals hatte es bereits einen Urnengang gegeben, der wegen Unregelmäßigkeiten aber für ungültig erklärt worden war. Dabei fiel die Wahlbeteiligung mit 27 Prozent wieder so niedrig aus wie beim ersten Anlauf.

Die Gemeinde steht – vor allem wegen hoher Pensionslasten für frühere Gemeindemitarbeiter – vor großen Problemen. Doch in seinem Wahlaufruf hatte Joffe weitere Kürzungen abgelehnt. Beim Berliner Senat macht man sich nun Sorgen, ob Joffe den Sparkurs fortführen wird.

Julius Schoeps, der in Potsdam das Moses-Mendelssohn-Zentrum für jüdische Studien leitet, hält sogar eine Spaltung der Gemeinde für möglich. Er selbst war 2006 im Streit mit Joffe ausgetreten. DANIEL BAX