Die Katze auf dem Blechdach

Thomas Middelhoff ist ein Meister der Selbstinszenierung. Am Freitag musste der Manager vor dem Landgericht Essen einen Offenbarungseid leisten, weil der Unternehmensberater Roland Berger 7,5 Millionen Euro von ihm verlangt. Nach der Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse verließ der 61-Jährige nicht einfach das Gebäude durch eine Tür – sondern durch ein rückwärtig gelegenes Fenster.

„Ich bin wie die Katze übers Dach“, sagte Middelhoff am Wochenende der Nachrichtenagentur dpa. Er sei vom Dach auf eine Garage geklettert und schließlich auf die Straße gesprungen und habe ein Taxi genommen. Geflohen sei er nicht vor den Fragen der Journalisten, sondern vor deren Fotoapparaten.

Der Offenbarungseid ist nur eine von vielen Demütigungen, die der dünkelhafte Exmanager bei seinem tiefen Fall einstecken muss. Vor wenigen Wochen musste er in Essen eine Taschenpfändung über sich ergehen lassen. Das Bankhaus Sal. Oppenheim etwa will 70 Millionen Euro, der Arcandor-Insolvenzverwalter 3,4 Millionen Euro. Pleite sei er trotzdem nicht, behauptet Middelhoff. „Seit fünf Jahren komme ich nicht an mein Geld“, klagte er. Die Bank Sal. Oppenheim blockiere es.

Er begann seine Karriere 1986 beim Bertelsmann-Konzern, 1998 übernahm er den Vorstandsvorsitz. 2004 wurde Middelhoff zunächst Aufsichtsratschef, dann Vorstandsvorsitzender bei Karstadt – dank des Vertrauens der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Sein Sanierungskurs endete in der Insolvenz. Gegen Middelhoff laufen mehrere Verfahren wegen seiner damaligen Aktivitäten. Bis heute ist unklar, wer in welcher Höhe an der von ihm vorgenommenen Zerschlagung profitiert hat.

Heute lebt er in Saint Tropez und ist nach eigenen Angaben für einen New Yorker Hedgefonds-Berater tätig. Wenn er gebräunt, im schicken Anzug mit edlen Manschettenknöpfen in den Gerichtssälen der Republik auftritt, versucht er seinen Habitus als Topmanager aufrechtzuerhalten. Die nächste Gelegenheit dazu hat er heute vor dem Essener Landgericht: Dort ist er wegen Untreue angeklagt, weil er private Flüge auf Kosten von Arcandor als Geschäftsreisen abgerechnet haben soll. ANJA KRÜGER