Schwuler Franzose erregt den Papst

PARIS taz | Der Vatikan scheint etwas gegen den neuen Botschafter zu haben, den Frankreich am Heiligen Stuhl akkreditieren lassen möchte. Das Gesuch aus Paris, eigentlich eine reine Formsache, liegt laut französischen Medien schon seit drei Monaten unerledigt auf dem Schreibtisch von Papst Franziskus. Zwangsläufig fragt man sich in Frankreich, was es an diesem allseits geschätzten Diplomaten auszusetzen gäbe. Der einzige plausible Grund, spekulieren die Medien: Laurent Stéfanini ist schwul.

Stéfanini ist 55, er hat die berühmte Kaderschmiede ENA (Frankreichs Verwaltungshochschule) absolviert und bereits eine brillante Laufbahn hinter sich. Er war Nummer zwei der französischen Vertretung im Vatikan von 2001 bis 2005 und hat dort angeblich beste Kontakte. In Paris war er anschließend als Spitzenfunktionär im Außenministerium Berater für religiöse Fragen, bis er vom neu gewählten Staatspräsidenten François Hollande zum Protokollchef im Elysée-Palast ernannt wurde. Beim Rücktritt des bisherigen Botschafters drängte sich Stéfaninis Kandidatur fast auf. Er ist zudem praktizierender Katholik und genießt die Unterstützung von französischen Kirchenleuten.

Andere dagegen hätten laut der Sonntagszeitung Journal du Dimanche seine Kandidatur aktiv hintertrieben. Genannt wird etwa Ludovine de la Rochère, Präsidentin der Bewegung gegen die Legalisierung der Homo-Ehe. Diese dementiert das. Doch auch die katholische Tageszeitung La Croix ist überzeugt, dass Stéfaninis Akkreditierung aufgrund von homophoben Einwänden auf Eis gelegt wurde.

Hollande will nicht einlenken und einfach einen anderen Kandidaten nominieren. Indem er den Vatikan zwingt, den Grund für die Ablehnung von Stéfanini zu nennen, riskiert er keine Exkommunikation, aber immerhin eine diplomatische Verstimmung. RUDOLF BALMER