Der Schnäuzer vom Dienst

Etwas untersetzt, das Herz am rechten Fleck und eine Schnauze, die stets sagt, was Sache ist – das ist Thomas Occupy. Unter hessischen Aktivisten genießt der leicht störrisch wirkende Mann mit dem programmatisch anonymisierten Nachnamen Kultstatus. Seinen bürgerlichen Namen soll niemand erfahren – und niemand nennt ihn anders.

Der 55-Jährige war einer der ersten, die bei den Occupy-Protesten 2011 vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt die Zelte aufschlugen. Und er war einer der letzten, die gingen.

Als Mitte März 2015 in Frankfurt bei den Blockupy-Protesten einige Polizeiautos in Flammen aufgingen, gehörte Thomas Occupy zu den Sprechern des Bündnisses, die sich vor der versammelten Presse für die teils gewaltsamen Eskalationen rechtfertigen sollten. Nicht mit ihm. Er verwies erprobt empört auf den hessischen Repressionsapparat, der friedliche Proteste kaum zugelassen habe.

Nun hat er tatsächlich die Polizei auf den Fersen, die bayerische. Der Schnauzbartträger, der in Frankfurt von vielen als authentischer Repräsentant des hessischen Normalos wahrgenommen wird, hat sich bei den Protesten in Garmisch-Partenkirchen gegen den G-7-Gipfel eine besondere Art der Aufklärungsarbeit geleistet. Er fotografierte Gruppen von Zivilpolizisten und stellte die Bilder via Twitter ins Netz. Unter anderem, sagt er, habe er das Foto eines Beamten in Sportklamotten hochgeladen, der nicht als Polizist zu erkennen war, aber eine verdeckte Waffe mit sich trug. Es dauerte nicht lang bis Beamte Thomas Occupy abführten und sein Handy beschlagnahmten. Mit seinen Fotos von Beamten habe er deren Recht aufs eigene Bild verletzt.

Jetzt will sich der Aktivist juristisch streiten. Er findet sehr wohl, dass die Öffentlichkeit wissen darf, welche Beamten schlecht verkleidet als Polizisten bei Demonstrationen unterwegs sind. Tatsächlich waren beim G-7-Gipfel viele Zivilpolizisten schlecht verkleidet. Occupy sagt, er sei als Beobachter für das European Information Human Rights Center (EIHRC) in Straßburg unterwegs gewesen – und als Sonderberichterstatter für die Public Union For Human Rights in Aserbaidschan. Kommt es zum Prozess, dürfte der aufschlussreich werden. MARTIN KAUL