Massengräber nach Meuterei entdeckt

In Bangladeschs Hauptstadt Dhaka sollen Grenzschützer bei ihrem Aufstand 77 Menschen getötet haben. Mehr als 70 Personen werden vermisst. Regierung will Teilnehmer an der Meuterei vor einem Sondertribunal anklagen

DELHI taz ■ Bangladesch erholt sich nur langsam von dem Schock über den gewalttätigen Aufstand der Grenzschützer vergangene Woche. Immer weitere Details über die Meuterei der Bangladesh Rifles (BDR) zeigen, wie knapp das Land an einer noch viel größeren Katastrophe vorbeigeschlittert ist.

Am Wochenende entdeckten Sicherheitskräfte auf dem etwa fünf Quadratkilometer großen Gelände des BDR-Hauptquartiers in Dhaka, wo der Aufstand seinen Ausgang genommen hatte, neue Massengräber. Die meuternden Grenzschützer haben demnach 77 Menschen getötet. Ihre Opfer sollen überwiegend Soldaten sein, aber auch mindestens 20 Angehörige sollen ums Leben gekommen sein.

Aufnahme zeigten, dass viele Gebäude beschädigt wurden. Soldaten gruben getötete Kameraden aus Erdlöchern aus. Verkohlte Knochen an Feuerstellen legen nahe, dass die Aufständischen einige ihrer Opfer verbrannt haben. Angehörige von Soldaten brachen zusammen, als sie ihre getöteten Verwandten identifizierten. Mehr als 70 Menschen werden noch vermisst.

Der Aufstand war offenbar nach einem Streit mit Offizieren über Gehaltsforderungen ausgebrochen. Es ist der erste schwere Test für Premierministerin Sheikh Hasina, die seit zwei Monaten im Amt ist. Sie kündigte an, dass gegen rund 1.000 Teilnehmer der Meuterei Anklage erhoben werde. Das Parlament werde rasch ein Gesetz verabschieden, um die Einrichtung eines Sondertribunals zu ermöglichen. Hasina hatte die Aufständischen durch das Angebot einer Amnestie dazu gebracht, die Waffen niederzulegen. Die Amnestie solle, hieß es jetzt, jedoch nur für jene Teilnehmer der Revolte gelten, die nicht an den Morden beteiligt gewesen seien. Die Armee erklärte, die Verurteilten würden hingerichtet.

Hunderte von Grenzschützern befinden sich in Haft, viele konnten jedoch entkommen. Am Samstag nahmen Sicherheitskräfte in der Hauptstadt 121 und in anderen Städten des Landes 99 Flüchtige fest. Die Armee entsandte Einheiten, um flüchtige Teilnehmer des Aufstandes festzunehmen, berichtete die Tageszeitung The Daily Star.

Die Lange normalisiert sich nur langsam. Einem Aufruf des Innenministeriums an BDR-Mitglieder, spätestens am Sonntag wieder zur Arbeit zu erscheinen, folgten offenbar nur wenige Grenzschützer. Einige hundert meldeten sich in der Kaserne und erklärten, sie seien geflohen, als der Aufstand begann. Einige von ihnen sollen die Namen einiger Anführer der Revolte preisgegeben haben, nach denen jetzt gezielt gefahndet werde.

Armeevertreter äußerten den Verdacht, dass BDR-Mitglieder den Aufstand lange geplant hätten. Die Aufständischen hätten den Streit über Gehaltsforderungen nur als Anlass genommen, um gegen ihre Vorgesetzten loszuschlagen. SASCHA ZASTIRAL