Haider-Posse im Ortstafelstreit

Kärntner Landeshauptmann will nur deutsche Schilder aufstellen – trotz Gerichtsurteil

WIEN taz ■ Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist dafür bekannt, dass er seine Worte abwägt. Doch anlässlich des jüngsten Streiches von Jörg Haider in der unendlichen Geschichte der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten wurde er heftig: „Schäbig, miserabel, peinlich!“ Kärnten mache sich mit seinem Landeshauptmann lächerlich.

In der Tat werden die Aktionen und Argumente, mit denen Haider sich dem Aufstellen zweisprachiger Schilder in Orten mit slowenischer Minderheit widersetzt, zunehmend skurriler. Der Kärntner Landeshauptmann kündigte Montag an, er werde in Erfüllung eines Spruches des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) bis Juni neue Ortsschilder in den Gemeinden Bleiburg und Bleiburg Ebersdorf aufstellen lassen – um einen halben Meter versetzt, aber nur mit dem deutschen Ortsnamen. Ludwig Adamovich, Expräsident des VfGH und derzeit Berater des Bundespräsidenten in Verfassungsfragen, sieht darin „eine Pflanzerei“, also eine Verarschung.

Rechtlich gesehen ist die Ortstafel eine Verordnung im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Im Dezember hatte der VfGH dem Anwalt und Kärntner slowenischen Aktivisten Rudi Vouk Recht gegeben. Der hatte gegen ein Strafmandat wegen Schnellfahrens in der Gemeinde Bleiburg Beschwerde eingelegt, weil die das Ortsgebiet betreffende Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei. Bleiburg gehört zu jenen Gemeinden mit mindestens zehnprozentigem Anteil slowenischstämmiger Bevölkerung, wo zweisprachige Ortstafeln stehen müssen. Das hatte der VfGH 2002 festgesetzt. Grundlage für die Entscheidung ist der Staatsvertrag von 1955, der in Artikel 7 die Rechte der ethnischen Minderheiten klärt. Bis Juni müssen die Tafeln stehen, diktierte der VfGH und stellte klar, dass mangels entsprechender Verordnung der Staatsvertrag unmittelbar anwendbar sei.

Warum Haider seinen Kampf gegen den Rechtsstaat auf die Spitze treibt, hängt mit dem politischen Überleben seiner Partei BZÖ zusammen. Bei den im Herbst anstehenden Nationalratswahlen hat die Haider-Partei nur Chancen, wenn sie in Kärnten ein Direktmandat erringt. Dafür bedarf es der ständigen Mobilisierung und der Fortführung des in vielen Köpfen noch verankerten Abwehrkampfes gegen jugoslawische Gebietsansprüche nach den Weltkriegen. Bundeskanzler Schüssel hüllt sich derweil in Schweigen. Er will während der EU-Präsidentschaft keine Koalitionskrise riskieren.

RALF LEONHARD