Terroranschlag in Karatschi: Bhutto will den Bomben trotzen

Der Bombenanschlag auf den nächtlichen Triumphzug der früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto forderte rund 140 Tote. Die Politikerin bleibt unverletzt und gibt sich kämpferisch.

Benazir Bhutto entging dem Anschlag nur knapp. Bild: reuters

KARATSCHI taz "Es war ein Augenblick des Triumphs, der in einer Tragödie endet", sagte Benazir Bhutto am Freitagabend bei ihrem ersten Auftritt nach dem Attentat auf sie. Sie beschrieb die Umstände der Tat eines Suizidattentäters, der sich kurz nach Mitternacht neben ihrem gepanzerten Fahrzeugs in die Luft gesprengt hatte. Sie war kurz nach Mittag nach achtjährigen Exil in Karatschi eingetroffen, wo sie von mehreren hunderttausend Menschen empfangen wurde. Das Attentat tötete rund 140 Menschen, über 450 Personen wurden verletzt.

Bhutto hatte sich kurz in das Wageninnere zurückgezogen, weil sie den Text ihrer Ansprache durchgehen wollte, die sie Stunden später halten wollte. Sie war sie zum Zeitpunkt des Attentats im schusssicheren Raum unter der offenen Plattform. Die zwanzig Personen darauf wurden nur leicht verletzt, waren aber, erklärte ein Zeuge, über und über mit kleinen Fleischstücken bedeckt, die vermutlich vom Attentäter stammten.

Im Gegensatz zur Polizei erklärte Bhutto, es habe zwei Attentäter gegeben - "die erste Doppel-Suizid-Tat in Pakistan". Der zweite sei hinter dem Begleitfahrzeug der Polizei aufgehalten worden und habe sich dort in die Luft gesprengt, so dass dieses gepanzerte Fahrzeug zerstört wurde und mit ihm alle Insassen. Kurz zuvor hätten PPP-Kader einen Mann mit Sprengstoffgürtel entdeckt und entwaffnet. Auch ein Mann mit einer Pistole sei entwaffnet worden.

Sie mache nicht die Regierung für das Attentat verantwortlich, sagte Bhutto mehrmals, aber sie wolle nicht ausschließen, dass Personen des Establishments eine Hand darin hatten. Es sei seltsam, dass die Beleuchtung der Flughafenstraße ausgeschaltet war, während der Rest der Stadt normal leuchtete. "Deshalb konnte unser Schutzdienst den Suizidtäter nicht erkennen." Sie habe zuvor Präsident Pervez Musharraf drei prominente Pakistaner genannt, die "überprüft werden sollten, falls ich ermordet werde". Auch habe es vier Drohbriefe gegeben, "einen von al-Qaida, einen zweiten aus Karatschi, einen dritten und vierten von afghanischen und pakistanischen Taliban".

Diese Leute würden hinter dem Attentat stehen, und ihre Botschaft laute: "Es ist nicht ratsam, öffentlich für Demokratie, Grundrechte sowie Rechte von Frauen, Armen und Minderheiten aufzustehen." Es seien winzige Gruppen, die verhindern wollen, dass Pakistan wieder eine Demokratie werde. Das Attentat sei nicht auf sie als Person gemünzt, sondern auf das, was sie vertrete: Demokratie und Pakistans Einheit. Bhutto erklärte, weder sie noch ihre Partei würden sich einschüchtern lassen. Sie würden einen offenen Wahlkampf führen. "Nur die Demokratie kann uns retten, und wir sind bereit, dafür unser Leben zu riskieren. Nur wenn wir den Mut haben, aufzustehen, werden auch die Leute aufstehen." Sie rechtfertigte auch ihr Bündnis mit Musharraf, für das sie von Liberalen scharf angegriffen worden war. Sie hätte es getan, um Blutvergießen zu vermeiden.

Der Schauplatz des Attentats war am Morgen wieder für den Verkehr geöffnet. Während Spezialisten auf dem Boden kauerten und mit Pinzetten winzige Beweisstücke aufhoben, schob sich nur Meter davon der Morgenverkehr über Glassplitter, geschmolzene Wasserflaschen, blutige Sandalen und Benazir-Mützen. Das Paradefahrzeug stand am Straßenrand, intakt, aber das große Foto von Bhuttos Gesicht war versengt. Der Slogan "Long Live Bhutto" war noch zu lesen.

Karatschis Polizeichef machte indirekt die PPP dafür verantwortlich, dass die Sicherheitsvorkehrungen zusammenbrachen. Er erklärte, im Internet zahlreiche Hinweise auf Attentatspläne abgefangen zu haben. Dennoch hätte sich die Partei entschlossen, die Rückkehr ihrer Präsidentin in großem Stil zu feiern. Landesweit wurden Anhänger mobilisiert. Am Donnerstag zeigte sich rasch, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht genügten. Deshalb schlug die Regierung Bhutto vor, per Helikopter zum Jinnah-Mausoleum zu fliegen, wo sie ihre erste Ansprache halten wollte. Dies wurde aber ausgeschlagen, wohl auch aus politischem Kalkül. Für die PPP war dies schon der Beginn des kommenden Wahlkampfs.

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