Bergbau-Branche: Kongos Investoren in der Kritik

Der mutmaßliche Abschlussbericht einer Kommission zur Prüfung aller Bergbauverträge im Kongo findet alle Verträge fehlerhaft. Die Regierung dementiert nur halbherzig.

So wie das ganze Land befindet sich auch der Bergbau in einem desolaten Zustand. Bild: dpa

BERLIN taz Für Investoren in der Demokratischen Republik Kongo brechen bewegte Zeiten an. Eine staatliche Kommission will offenbar die meisten Bergbauverträge des Landes kippen. Kein einziger von 61 untersuchten Verträgen, so ein dieser Tage bekannt gewordener Abschlussbericht einer Kommission zur Überprüfung der bestehenden Investitionsverträge im Bergbau, ist korrekt. 37, so die Empfehlung der Kommission an Kongos Regierung, sollen neu verhandelt, 24 annulliert werden.

Kongos Bergbausektor leidet am Verfall. Während der Kriege der letzten zehn Jahre gingen gigantische Mineralienvorkommen für Spottpreise an windige Investoren, mancherorts konkurrieren mehrere Firmen um die gleichen Vorkommen. Kongos neu gewählte Regierung setzte daher im April eine Kommission ein, um die bestehenden Verträge zu evaluieren.

Die Beratungen dieser Kommission waren vertraulich, die meisten ihrer Mitglieder sind politisch weisungsgebunden, und bei ihren Feldvisiten ließen sie sich zum Teil von den untersuchten Unternehmen herumfliegen. Dafür aber ist der jetzt bekannt gewordene Abschlussbericht überraschend kritisch.

Der Joint-Venture-Vertrag zwischen Kongos größtem Staatsbetrieb Gécamines, dem die Kupfer- und Kobaltminen von Katanga gehören, und der israelischen GEC zur Instandsetzung der Kupfermine Kov, potenziell die größte des Landes? "Unausgewogene" Eigentumsstruktur, "rechtswidrige" Entstehung des Joint Ventures, "nicht berücksichtigter" Eigenanteil des Kongo, "Konfusion" bei fälligen Zahlungen. Die Empfehlung: Die Verträge neu schreiben, "gemäß den kongolesischen Gesetzen". Der australischen "Anvil Mining", derzeit größter Kupferförderer des Landes, wird bescheinigt: "Die Kommission stellt fest, dass der Staat in diesem Vertrag überhaupt nichts gewinnt, und schlägt der Regierung vor, ihn zu beenden."

Auf die Veröffentlichung reagierte die Regierung scharf: Das sei gar nicht der richtige Abschlussbericht, den werde die Kommission am heutigen Donnerstag übergeben. Außerdem "ist zu erwarten, dass nach Korrektur aller Unregelmäßigkeiten die große Mehrheit der jetzt anwesenden Firmen im Land bleiben", sagte Bergbauminister Marztin Kabwelulu.

Doch die veröffentlichten Einzelheiten wurden nicht dementiert. Beobachter gehen davon aus, dass ein heftiger Streit in der Kommission über die Schärfe ihrer Empfehlungen tobt. Die Regierung ist ohnehin nicht an den Bericht gebunden.

Investoren sind dennoch verunsichert. Weltweit purzeln ihre Börsenkurse. Und zwei große Firmen schaffen vorsorglich Fakten: "Katanga Mining" des belgischstämmigen George Forrest, und Nikanor, Nachfolger der im Bericht inkriminierten israelischen GEC, erklärten am Dienstag ihre Fusion. Mit ihren beiden Minen Kamoto und Kov entstehe, so die Unternehmen, das größte zusammenhängende Fördergebiet der Welt mit einer Jahresproduktion von 400.000 Tonnen Kupfer und 40.000 Tonnen Kobalt ab 2011. Die Fusion entscheidet einen der brisantesten Machtkämpfe in Kongos Bergbau zugunsten der Freunde des Präsidenten Joseph Kabila um Nikanor-Gründer Dan Gertler, obwohl dessen bestehender Vertrag um Kov fehlerhaft ist.

Eine Koalition internationaler Nichtregierungsorganisation rief gestern Kongos Regierung zur "unverzüglichen" Veröffentlichung des Berichts auf. Außerdem sollen Herkunftsländer von Investoren "ihre Unternehmen zur Verantwortung ziehen". Falls Kongos Regierung die bekannt gewordenen Empfehlungen zurückweist, sind Reformbestrebungen im Bergbau vorerst gestorben. Falls sie sich ihnen anschließt, muss sie aber komplizierte Neuverhandlungen mit Dutzenden von Firmen gleichzeitig führen und zügig abschließen - sonst wird aus Kongos erhofftem Bergbauboom nichts. Damit würde sie internationale Consultingfirmen beauftragen, und Kongos Bevölkerung bliebe außen vor.

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