Asylrecht in Österreich: Wien schiebt schneller ab

Das österreichische Parlament hat die Schaffung eines neuen Asylgerichtshofes beschlossen. Gegen dessen Entscheidung soll in Zukunft kein Rechtsmittel mehr zulässig sein.

Wiil Abschiebungen erleichtern: Österreichs Innenminister Günther Platter Bild: rtr

WIEN taz Ein "gewaltiger Fußtritt für den Rechtsstaat" werde vorbereitet, urteilte der prominente Verfassungsrechtler Heinz Mayer, bevor das österreichische Parlament zusammentrat, um neben zahlreichen anderen Beschlüssen und Verfassungsbereinigungen über die Schaffung eines neuen Asylgerichtshofes abzustimmen. Am Mittwoch Nachmittag war es dann soweit: Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wurde das Vorhaben durchgesetzt.

Die Regierungskoalition verspricht sich davon die Beschleunigung der Asylverfahren, deren Länge seit Jahren kritisiert wird. Menschenrechtsorganisationen und Juristen laufen auch nicht gegen den Asylgerichtshof an sich Sturm, denn Handlungsbedarf ist unbestritten. Manche Asylbewerber warten seit mehr als zehn Jahren auf eine Entscheidung. Umstritten ist vielmehr die Verkürzung des Instanzenzuges. Denn während bisher gegen einen Spruch der Asylbehörden der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden konnte, soll gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes kein Rechtsmittel mehr zulässig sein. Immerhin in jedem fünften Asylfall, der an ihn herangetragen wurde, hat der VwGH zugunsten des Beschwerdeführers entschieden. Mehrmals rettete er schwer traumatisierte Menschen vor der Abschiebung oder verhinderte das Zerreißen von Familien.

Was die Grünen besonders empört, ist die Art und Weise, wie das Gesetz durch die Gremien gepeitscht wurde. Es gab kein Begutachtungsverfahren und keine Diskussion mit Fachleuten und Betroffenen. Justizministerin Maria Berger, SPÖ, wurde, wie sie in einem Interview zugab, durch die Tischvorlage im Ministerrat so überrumpelt, dass sie den Entwurf nicht ausreichend studieren konnte, bevor er zur Abstimmung kam. Ihre Kritik äußerte sie daher erst nach dem einstimmigen Beschluss im Ministerrat. Sie musste sich der Parteidisziplin beugen.

Die besondere Eile wird von den Regierungsparteien mit dem Bemühen begründet, das neue Gericht möglichst schnell einzurichten und damit die mehr als 34.000 anhängigen Asylverfahren zügig abwickeln zu können. Für SPÖ-Fraktionschef Josef Cap bietet der Asylgerichtshof "den gleichen, wenn nicht mehr Rechtsschutz als bisher". Er erwartet sich auch mehr Qualität der Entscheidungen, da nicht Einzelrichter, sondern zweiköpfige Senate entscheiden werden. Sollten sich die beiden Richter nicht einigen, geht der Fall an einen Fünfersenat.

Das Misstrauen der Kritiker konnte er damit nicht ausräumen. Denn die Richter werden auf Vorschlag der Regierung ernannt. In der Praxis wird das Personal des bisherigen Unabhängigen Asylsenats übernommen und durch Fremdenpolizisten ergänzt. Innenminister Günther Platter, ÖVP, feierte die Gründung des Asylgerichts erwartungsgemäß als großen Fortschritt und notwendige Ergänzung des verschärften Fremdenrechts, das sich bewährt habe. Schließlich sei die Anzahl der Asylanträge von 2005 auf 2006 um 40 Prozent und 2007 noch einmal um zehn Prozent gesunken. Vor falschen Flüchtlingen, die unter dem Deckmantel des Asyls in Österreich Straftaten begehen, müsse man sich schützen.

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